Deutsche Autobauer fertigen in den Staaten

Deutsche Autobauer fertigen in den Staaten
Die Zeiten, als deutsche Autos nur aus Deutschland kamen, sind lange vorbei. Zu einem der beliebtesten Produktionsstandorte haben sich ausgerechnet die USA gemausert. Einige Modelle werden nur noch dort gebaut.
14.10.2010
Von Daniel Schnettler

Es ist eine Ironie der Geschichte: Während die US-Autoindustrie in den vergangenen Jahrzehnten ihren Niedergang erlebt hat, zog es ausländische Hersteller massenhaft ins Land. Die Japaner haben vorgemacht, wie sich in den Vereinigten Staaten gut und günstig Autos bauen lassen, die Deutschen haben nachgezogen. BMW, Mercedes und bald auch Volkswagen haben hier eigene Werke.

Das "zweite Zuhause" von BMW

"Wir glauben an Amerika als einen Produktionsstandort", sagte BMW-Chef Norbert Reithofer am Mittwoch zur Eröffnung einer 750 Millionen Dollar teuren Erweiterung des Werkes Spartanburg in South Carolina. "Die USA und besonders Spartanburg sind zu unserem zweiten Zuhause geworden." Nirgendwo anders auf der Welt verkaufen die Bayern mehr ihrer noblen Autos; die Fangemeinde besonders an der Ost- und Westküste ist riesig.

Fast alle Geländewagen, die BMW im Programm hat, stammen künftig aus Spartanburg. "Ich kann mir vorstellen, dass auch ein zusätzliches Produkt irgendwann mal in diesem Werk gefertigt wird", sagte Reithofer. Sein Produktionsvorstand Frank-Peter Arndt tippt auf eine der stückzahlstarken Baureihen. In den USA sind bei BMW vor allem der 3er und der 5er.

Schwache Gewerkschaften im Südosten der USA

Mit ihren 7.600 Mitarbeitern kommt die Fabrik schon heute nahe an das Münchner Stammwerk heran. Reithofer lobte die gute Ausbildung und Motivation der Mitarbeiter, die Unterstützung der staatlichen Stellen sowie die Infrastruktur. In der Nähe liegt beispielsweise der internationale Flughafen Charlotte mit Direktverbindungen nach München oder Frankfurt.

Vor allem aber dürfte es Reithofer schätzen, dass die Gewerkschaften im Südosten der USA kein Bein an die Erde kriegen. Viele Experten machen die starre Haltung der Arbeitnehmervertreter etwa bei den galoppierenden Pensionskosten mitverantwortlich für den Niedergang der "Big Three", worunter die US-Autobauer General Motors, Ford und Chrysler früher firmierten. Ohne die mächtige Gewerkschaft UAW läuft auch heute noch nichts in der traditionellen US-Autoregion Detroit.

Die Werke von Mercedes und Volkswagen

Die deutschen Konkurrenten von BMW hat es ebenfalls in den Südosten verschlagen. Drumherum haben sich Dutzende Zulieferer angesiedelt. Für US-Verhältnisse gleich nebenan in Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama sitzt Mercedes. Die Schwaben stellen hier mit rund 3.000 Beschäftigten die in den USA beliebten Geländewagen-Baureihen M und GL her sowie die riesige R-Klasse. Ab 2014 wird hier überdies die nächste Generation der wichtigen C-Klasse gebaut.

In Chattanooga im benachbarten Tennessee zieht Volkswagen gerade die erste US-Fabrik hoch. Vom kommenden Frühjahr an werden hier 2.000 Mitarbeiter eine neue große Limousine extra für den nordamerikanischen Markt bauen - ein Prestigeobjekt des Konzerns auf dem Weg zur globalen Nummer eins. Bislang ist der Verkaufsschlager der Wolfsburger in den Staaten der mittelgroße Jetta, der günstig im mexikanischen Puebla gefertigt wird.

Amerikaner schätzen Produktion vor der Haustür

Auch in den USA sind die Lohnkosten im Vergleich zu Deutschland niedrig, was nicht zuletzt an geringeren Sozialbeiträgen liegt. Netto bekommen die Mitarbeiter gar nicht mal weniger heraus. Zudem können die Hersteller mit einer über die Welt verteilten Produktion die Währungsschwankungen - namentlich zwischen Dollar und Euro - besser abfedern. Vielleicht am wichtigsten aber: Die Amerikaner schätzen es, wenn ein Unternehmen bei ihnen vor der Haustür produziert.

Auf diese Weise hatten bereits die Japaner und später die Südkoreaner die Herzen der US-Autofahrer gewonnen. Heute verkaufen Toyota, Honda und Co. schon fast so viele Wagen im Land wie die drei großen US-Hersteller. Bis die deutschen Autobauer bei der Stückzahl in Millionenregionen kommen, ist es aber noch ein weiter Weg.

dpa