Pflegenoten: Einrichtungen fast zur Hälfte geprüft

Pflegenoten: Einrichtungen fast zur Hälfte geprüft
Fast die Hälfte aller Heime und Pflegedienste in Deutschland sind inzwischen benotet worden. Die Benotung soll aber weiter präzisiert werden.

Fast die Hälfte aller Heime und Pflegedienste in Deutschland sind inzwischen benotet worden. Dabei erhielten die ambulanten Dienste eine Durchschnittsnote von 1,9 und die Heime im Durchschnitt die Note 2,1. Der Verband der Ersatzkassen (vdek), der die Zahlen am Donnerstag in Berlin vorstellte, wertete die Ergebnisse als zufriedenstellend. Der Vorstandsvorsitzende, Thomas Ballast, schränkte aber ein, die Benotung müsse präzisiert werden. Zentrale Kriterien wie Ernährung und Trinken würden nicht stark genug gewichtet. Patientenschützer kritisierten die Noten als realitätsfern.

Von rund 23.000 Pflegeeinrichtungen sind inzwischen rund 4.800 ambulante Dienste und rund 6.000 Heime nach den neuen Prüfkriterien kontrolliert worden. Die pflegerischen Leistungen werden bei den ambulanten Diensten im Durchschnitt mit der Note 2,8 bewertet, bei den Heimen mit 2,1. Sie liegen damit unter den Noten für die Verwaltung oder die soziale Betreuung.

Kontrolliert werden die Einrichtungen von den Medizinischen Diensten der Krankenkassen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen verhandelt seit Monaten mit den Verbänden der Heimträger und ambulanten Pflegedienste über eine Nachbesserung der Pflegebenotung. Die Kassen wollen, dass zentrale Fragen für die Gesundheit der Patienten wie Essen, Trinken und Wundversorgung in der Benotung eine Hauptrolle spielen. Die Anbieter sträuben sich dagegen.

Knapp zwei Prozent der Heime und Pflegedienste versuchen nach Angaben des Ersatzkassenverbandes, die Veröffentlichung der Noten zu verhindern. Rund 200 Verfahren laufen derzeit vor Sozialgerichten. Ballast sagte, in erster Instanz bekämen die Pflegeanbieter zu 50 Prozent Recht. Von den Landessozialgerichten allerdings werde das Veröffentlichungsverbot häufig wieder kassiert.

Die Deutsche Hospiz Stiftung kritisierte das Prüfsystem. Für Kosten von 100 Millionen Euro im Jahr würden "Traumnoten wie am Fließband" produziert, sagte der Vorstand Eugen Brysch. Die "Kuschelkriterien" verschleierten schwere Pflegemängel. Brysch forderte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf, dafür zu sorgen, dass die Prüfkriterien bis Ende des Jahres überarbeitet würden. Ein Sprecher Röslers erklärte lediglich, das Gesundheitsministerium beobachte die Verhandlungen.

Zuviele gute und sehr gute Noten?

Der Münchner Pflegeexperte Claus Fussek äußerte ebenfalls Zweifel am Erfolg des "Pflege-TÜVs". Die Bilanz sehe ernüchternd aus, sagte der Sozialpädagoge und Mitbegründer von Pflegestammtischen im Radiosender MDR Info. Pflegeheime, von denen er wisse, dass sie nicht so toll seien, hätten plötzlich gute Noten. Überhaupt gebe es überwiegend gute und sehr gute Noten. Mit dem, was man aus den Heimen wisse, habe das nichts zu tun.

Fussek führte dies darauf zurück, dass Heime schlechte Noten in der Pflege durch gute in anderen Bereichen kompensieren können. Wer einen Pflegeplatz für die Mutter oder den Vater suche, sei gut beraten, nicht über das Internet zu suchen, sondern selbst in das Heim zu gehen und nachzuschauen, sagte Fussek.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat vor gut einem Jahr mit der Benotung im Rahmen regelmäßiger Qualitätsprüfungen begonnen. Er setzt damit einen Teil der letzten Pflegereform um. Bis Ende dieses Jahres sollen alle Einrichtungen einmal kontrolliert worden sein. Die Pflegenoten sind im Internet kostenfrei abrufbar.

epd