Transparenzberichte täuschen die Verbraucher

Transparenzberichte täuschen die Verbraucher
Die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe sieht sich in ihrer Kritik an den Pflege-Transparenzberichten bestätigt. Zum ersten Mal hat ein Gericht gegen den Pflege-TÜV im Rahmen eines Urteils entschieden. Das Sozialgericht Münster bezieht sich bei seiner Entscheidung auch auf eine Studie, die von der Diakonie RWL in Auftrag gegeben wurde.
02.09.2010
nrw.evangelisch.de

„Die Systematik der Bewertung ist verfehlt, die Ermittlung der Pflegenoten für den Leser nicht nachvollziehbar. Die Transparenzberichte täuschen die Verbraucher“ - so heißt es in einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Münster. Das Urteil hat besonderes Gewicht, weil es erstmals die wissenschaftliche Evaluation zum System der Pflegenoten einbezieht. Damit schafft das Gericht nach eigenen Angaben einen Präzedenzfall. Das Gericht verweist außerdem auf die Ergebnisse einer von der Diakonie RWL in Auftrag gegebenen Studie, die bereits zu ähnlich kritischen Schlussfolgerungen gekommen war.

Aus Sicht der Diakonie RWL sind grundlegende Änderungen am Bewertungssystem erforderlich. „Die Vielzahl der in der wissenschaftlichen Evaluation aufgedeckten Mängel, auf die sich auch das Urteil des Sozialgerichts bezieht, macht eine umfassende Überarbeitung erforderlich. Dabei dürfen die Fehler bei der überhasteten Einführung des bestehenden Bewertungssystems nicht wiederholt werden“, erklärt Pastor Günther Barenhoff, Vorstandssprecher der Diakonie RWL. Barenhoff wendet sich damit gegen aktuelle Bemühungen, das bestehende Bewertungssystem mit Änderungen im Detail zu retten. Ein Neustart des Systems müsse seriös vorbereitet werden. „Es ist unerlässlich, neue Prüfverfahren in Modellregionen zu erproben und die Objektivität und Zuverlässigkeit zu überprüfen. Das ist beim alten Verfahren in sträflicher Weise unterlassen worden.“

Der Diakonie-Pastor wendet sich auch gegen die verbreitete Praxis, Transparenzberichte vor Abschluss der Verwaltungsverfahren zu veröffentlichen: „Wir brauchen einen Veröffentlichungsstopp. Ohne Not werden Klagen provoziert und Ressourcen in Gerichtsprozesse umgelenkt, wenn ausstehende Fragen nicht vor einer Veröffentlichung geklärt werden. Transparenzberichte sollten deshalb erst dann veröffentlicht werden, wenn alle strittigen Fragen geklärt sind oder der Prüfbescheid unanfechtbar geworden ist.“ Es würde niemandem nutzen, wenn Verantwortliche in der Pflege ihre Zeit für Anpassungen an hastig veränderte Benotungsverfahren oder vor Gericht verbringen.

Urteil des Sozialgerichts Münster (S 6 P 111/10)

Marcellus Bonato: Kritik an der Methodik der Pflege-Transparenzberichte. Gutachterliche Stellungnahme im Auftrag der  Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. (pdf)