Union und FDP einig bei Sicherungsverwahrung für Altfälle

Union und FDP einig bei Sicherungsverwahrung für Altfälle
Nach wochenlangem Streit um die Sicherungsverwahrung haben sich Union und FDP auf neue Regelungen geeinigt. Schwerverbrecher, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, sollen in neuen Einrichtungen mit therapeutischer Betreuung untergebracht werden, die vom regulären Strafvollzug losgelöst sind, erklärten Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag in Berlin.

Der Gesetzentwurf soll bereits am kommenden Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden. Die Opposition kritisierte die Einigung als "Scheinkompromiss".

Dabei geht es um 60 bis 80 Schwersttäter, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) aus der nachträglichen Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen. Der EGMR hatte entschieden, dass die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechtskonvention verstößt. Leutheusser-Schnarrenberger sagte, es müsse noch geprüft werden, ob die neue Form der Unterbringung auch noch rückwirkend auf die Straftäter angewendet werden könne, die in den vergangenen Wochen bereits freigekommen sind.

Der Einigung zufolge sollen psychisch gestörte Gewalttäter in geschlossenen Einrichtungen mit einer Therapie auf ihre Freilassung vorbereitet werden. Alle 18 Monate soll überprüft werden, ob die Unterbringung fortgesetzt werden muss. Für den Vollzug sind die Bundesländer zuständig. De Maizière betonte, so könne sichergestellt werden, dass die Straftäter, die weiter eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellten, weiter nicht in Freiheit kämen. Bei dem Gesetz sei es nicht um gegenseitige Profilierung, sondern um den Schutz der Bevölkerung gegangen.

Neue Reform gilt auch nur für neue Fälle

Darüber hinaus einigte sich die Koalition auf eine Reform der Sicherungsverwahrung, die jedoch nur für künftige Fälle gilt. Danach soll die vorbehaltene Sicherungsverwahrung ausgebaut werden und künftig auch bei Ersttätern anwendbar sein. Die vorbehaltene Sicherungsverwahrung bedeutet, dass sich ein Richter im Urteil die Entscheidung über eine Sicherungsverwahrung offenhalten kann. Zudem soll die Sicherungsverwahrung auf Schwerverbrecher eingeschränkt werden. Das Kabinett hatte Ende Juni bereits entsprechenden Eckpunkten der Justizministerin zugestimmt.

Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) betonte, dadurch werde die nachträgliche Sicherungsverwahrung künftig obsolet. Zudem werde auch an der Möglichkeit festgehalten, freigelassene Täter mit elektronischen Fußfesseln zu überwachen.

Linkspartei und Polizei üben Kritik

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, bezeichnete den Kompromiss als "tragfähige und akzeptable Lösung". Das von der Union geforderte Konzept der Sicherungsunterbringung habe im Wesentlichen durchgesetzt werden können.

Ob der Wegfall der nachträglichen Sicherungsverwahrung durch die Ausweitung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vollständig kompensiert werden könne, bleibe jedoch abzuwarten, warnte der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Stephan Mayer.

Die Linkspartei kritisierte die Einigung als "Scheinkompromiss". Die Kernprobleme der Sicherungsverwahrung würden nicht gelöst.

Die Gewerkschaft der Polizei forderte, das Gesetz müsse so formuliert werden, dass die nach dem EGMR-Urteil bereits entlassenen Täter erneut sicher untergebracht werden könnten. "Solange die Reform nicht in Kraft ist, werden womöglich noch weitere gefährliche Täter entlassen werden müssen", sagte der Vorsitzende Konrad Freiberg.

 

epd