Loveparade: Duisburger OB weiter unter Beschuss

Loveparade: Duisburger OB weiter unter Beschuss
Viele Fragen bleiben offen: Auch mit einem Fernsehinterview hat Duisburgs OB Adolf Sauerland seine Kritiker nicht besänftigen können. Sie fordern weiterhin seinen Rücktritt. Die Duisburger CDU- Ratsfraktion hält jedoch zu ihm.
16.08.2010
Von Helge Toben

Er wird mit Mord bedroht und dürfte derzeit einer der unbeliebtesten Politiker des Landes sein: Viele sehen in Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) nach wie vor einen der Hauptverantwortlichen der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten. Am Wochenende äußerte sich der 55-Jährige im WDR - und lehnt einen sofortigen Rücktritt nach wie vor ab.

Auch persönliche Schuld räumt er nicht ein: "Es muss geklärt werden, wer der Verursacher dieses tragischen Ereignisses war. So weit sind wir noch nicht", sagte er am Sonntagabend. 950.000 Menschen sahen laut WDR, wie Sauerland beteuerte: "Jeden Morgen, wenn ich wach werde, wünsche ich mir, dass alles das, was wir erlebt haben, nur ein böser Traum ist, aber es ist Realität."

Vor allem negative Reaktionen auf den Fernseh-Auftritt

Der Unglückstunnel: Tausende von Trauerkerzen, die meisten längst verloschen, säumen die Gehsteige der Karl-Lehr-Straße. Zwischen Blumen, Plüschbären, Engelfiguren und Briefen liegen gemalte Bilder, Zeitungsausschnitte, Fotos. "Wir danken dem Schutzengel, der unserem Sohn und Bruder geholfen hat, lebend da raus zu kommen", heißt es auf einem Plakat. Und immer wieder die Frage: "Warum?"

Schuldzuweisungen gegen Sauerland (Bild links, Foto: dpa) auch hier: "Sauerland ist schuld" steht auf einem Zettel. Ein 74-Jähriger meint, dass der Oberbürgermeister die Stadt eigentlich nicht mehr repräsentieren kann: "Die ihn zu offiziellen Anlässen eingeladen haben, müssen doch denken: Hoffentlich haben wir keinen Schaden dadurch, dass er kommt."

Seine Kritiker konnte Sauerland bislang nicht besänftigen: "Was diese traumatisierte Stadt von ihm bekommen hat, war perspektivlos", sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Duisburger Stadtrat, Jürgen C. Brandt. "Duisburg sehnt sich nach einem OB, der Verantwortung übernimmt, der Führungskraft zeigt und Menschlichkeit transportiert", sagte er der dpa.

Auch im Internet gab es vor allem negative Äußerungen nach dem Auftritt: "Herrn Sauerland wurde so netterweise die Möglichkeit gegeben, seine mit gut bezahlten Medienberatern wohlüberlegten Floskeln zu verbreiten", meinte ein Zuschauer auf WDR.de.

"Er redet lieber über sich selbst"

Auch Kommentatoren ließen kaum ein gutes Haar an ihm: Sauerland gebe noch immer keine Antwort auf die drängenden Fragen nach der moralischen und politischen Verantwortung. "Er redet lieber über sich selbst", kritisierte die "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung" (Essen), in der auch von "Selbstgerechtigkeit" und "Verdrängungstaktik" die Rede ist. Bei einigen Bürgern findet Sauerland Rücktritts-Weigerung aber auch Zustimmung: "Er soll darauf gucken, dass andere mit in die Verantwortung gezogen werden", rät ein Duisburger, der am Montag zum ersten Mal den Tunnel aufsucht. Trotzdem ist sich der Mann sicher: "Er wird zurücktreten. Er ist nicht mehr tragbar für Duisburg."

Die CDU-Fraktion im Rathaus der Ruhrgebietsstadt jedoch steht hinter ihrem OB. "Für uns ist die Frage, ob irgendwer abgewählt wird, überhaupt kein Diskussionsthema, weil wir wissen wollen, was tatsächlich passiert ist", sagte Fraktionschefin Petra Vogt der NRZ (Montag). Der Auftritt Sauerlands im WDR wird in CDU-Fraktionskreisen positiv gesehen: Auch wenn es keine großen Neuigkeiten gegeben habe, sei deutlich geworden, wie stark es ihn persönlich mitnehme, hieß es. Seinen ersten Auftritt im Duisburger Stadtrat hat Adolf Sauerland am 6. September bei einer Sondersitzung zur Loveparade. Für den erwarteten Abwahlantrag gibt es jedoch bislang keine Mehrheit.

dpa