Weiterer Missbrauchsfall belastet Nordelbische Kirche

Weiterer Missbrauchsfall belastet Nordelbische Kirche
Die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche kommt auch nach dem Rücktritt von Bischöfin Maria Jepsen nicht zur Ruhe. Am Dienstag wurde ein weiterer Missbrauchsfall bekannt.

Die Staatsanwaltschaften Kiel und Hamburg ermitteln gegen einen 48-jährigen Gemeindepastor aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde. Der Eckernförder Propst Sönke Funck bestätigte einen entsprechenden Bericht des "Flensburger Tageblatts". Der Pastor ist mittlerweile vom Dienst suspendiert. Jepsen war am Freitag von ihrem Bischöfsamt zurückgetreten. Ihr war vorgeworfen worden, auf einen Fall von Kindesmissbrauch unangemessen reagiert zu haben.

Über den neuen Fall waren Kirchenvorstand, Mitarbeiter und Gemeinde am Wochenende informiert worden. Funck warnte vor einer Vorverurteilung des Pastors. Untersucht wird ein möglicher sexueller Missbrauch im privaten Umfeld des Pastors aus seiner Hamburger Zeit vor rund zehn Jahren. Die ermittelnden Staatsanwaltschaften wollten keine näheren Angaben machen. Gegen den Pastor bestehe nur ein Anfangsverdacht, so ein Kirchensprecher.

Noch nicht verjährt

Der neue Fall ist allerdings anders gelagert als der Missbrauchsfall des Ahrensburger Pastors Dieter K., wegen dem Jepsen zurückgetreten war. So wäre der aktuelle Fall allem Anschein nach noch nicht verjährt. Dieter K. soll von Ende der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre mehrere Jugendliche missbraucht haben, darunter auch seine Stiefsöhne. Er hatte die Vorwürfe bereits 1999 gegenüber seiner dienstvorgesetzten Pröpstin Heide Emse eingeräumt.

Am Montag hatte die Nordelbische Kirche zwei Ombudsfrauen für Missbrauchsopfer eingesetzt. Für Schleswig-Holstein wurde Ursula Schele benannt, Geschäftsführerin des "Petze"-Institut für Gewaltprävention des Frauennotrufs in Kiel, für Hamburg die ehemalige Bürgerschaftsdirektorin Ulrike Stapelfeldt. Die Ernennung zum 1. August solle helfen, die Missbrauchsfälle in der Kirche aufzuarbeiten, teilte die Landeskirche mit.

Zur Verschwiegenheit verpflichtet

Bei den Ombudsfrauen können sich Missbrauchsopfer melden, die sich nicht unmittelbar an die Polizei oder kirchliche Stellen wenden wollen. Alle Angaben dort unterliegen der Verschwiegenheit, auch gegenüber kirchlichen Stellen. Die Schweigepflicht könne aber von den Opfern selbst aufgehoben werden, wenn diese eine Aufklärung und Verfolgung der Taten wünschten, hieß es weiter. Nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Hilfesuchenden werde der Kontakt zu kirchlichen und staatlichen Stellen vermittelt.

"Sexueller Missbrauch darf in unserer Kirche keinen Platz haben", sagte Bischof Gerhard Ulrich, Vorsitzender der Kirchenleitung. Wenn es entsprechende Vorwürfe gebe, werde ihnen gewissenhaft und konsequent nachgegangen. Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs sollten bei der Polizei angezeigt werden. Es könne aber Fälle geben, in denen Opfer gerade bei lange zurückliegenden Taten zunächst rechtliche oder psychosoziale Beratung suchen.

Mehrere Disziplinarverfahren

Gegenwärtig führt die nordelbische Kirche nach eigenen Angaben vier Disziplinarverfahren gegen Pastoren, denen sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. Die Vorwürfe beziehen sich überwiegend auf Fälle, die lange zurückliegen. Ein weiteres Disziplinarverfahren wird gegen einen Pastor geführt, dem der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen wird. Alle beschuldigten Pastoren üben ihren Dienst nicht mehr aus. Zu den Missbrauchsfällen in Ahrensburg soll bis Ende Juli ein erster Zwischenbericht vorliegen.