Hitze-Drama bei der Bahn: Offenbar mehr Züge betroffen

Hitze-Drama bei der Bahn: Offenbar mehr Züge betroffen
Erst gab die Bahn zu, dass drei ICE-Züge am Samstag mit Hitzeprobleme zu kämpfen hatten, weil die Klimaanlagen ausfielen. Schüler waren kollabiert und mussten behandelt werden. Doch es scheint noch mehr Fälle zu geben.

Die Hitze-Probleme in Zügen der Deutschen Bahn gehen nach Informationen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" über die drei ICE-Fälle vom Samstag hinaus. Am Sonntag sei beispielsweise in Teilen des IC 2307 von Hamburg in Richtung Ruhrgebiet die Klimaanlage ausgefallen, berichtet das Blatt. Reisende durften in die Erste Klasse wechseln und erhielten Getränke. Der überhitzte 12.36-Uhr-IC von Berlin via Osnabrück nach Amsterdam sei in Stendal mit einem Lokschaden liegengeblieben. Als für den IC ein Ersatzzug kam, sei dieser ebenfalls nicht klimatisiert gewesen. Reisende berichteten der Zeitung von Wutausbrüchen von Fahrgästen und von Schaffnerinnen, die den Tränen nahe waren. Eine Dehydrierte musste aus dem Zug geführt werden. Die Bahn habe am Bahnsteig keine Getränke angeboten.

Zuvor war bekannt geworden, dass Schüler auf der Rückreise von ihrer Klassenfahrt zusammengebrochen waren, weil in ICEs der Bahn die Kliamaanlagen ausgefallen waren. In dem Zug von Berlin ins Rheinland herrschten Passagieren zufolge Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad. Für die Bahn haben die kaputten Klimaanlagen vielleicht ein juristisches Nachspiel. Die Bundespolizei überprüfe den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung und der unterlassenen Hilfeleistung durch das Zugpersonal, sagte eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion St. Augustin, die für den Bahnhof Bielefeld zuständig ist.

Dort war am Samstag ein ICE aus Berlin gestoppt worden, nachdem sich die Situation in dem überhitzten Zug dramatisch zugespitzt hatte. Mehrere Schüler und ältere Menschen erlitten einen Hitzekollaps und lagen dehydriert in den Gängen. Eine verzweifelte Mutter versuchte, eine Fensterscheibe einzuschlagen. Bahnchef Rüdiger Grube entschuldigte sich am Sonntag telefonisch bei Schülern und Lehrern und drückte sein Bedauern aus.

Bahnpersonal brachte Getränke

Mehrere Klassen des Gymnasiums im rheinländischen Willich und einer Gesamtschule in Remscheid hatten Berlin besucht - insgesamt 59 Schüler und fünf Lehrer. Schon kurz nach der Abreise am Samstag sei die Klimaanlage in dem ICE ausgefallen, berichtete die Schulleiterin des Gymnasiums in Willich nach Gesprächen mit Augenzeugen. Das Bahnpersonal habe die Schüler mit Getränken versorgt und in die erste Klasse gelassen. Doch auch dort versagte die Lüftung.

In Hannover seien die Schüler in einen anderen ICE umgestiegen, der überfüllt war - und in dem ebenfalls die Klimaanlage kaputt war. Auf dem Weg bis zum nächsten Stopp in Bielefeld wurde die Situation nach Aussagen der Rektorin dann sehr schwierig. Mitreisende Lehrer beschrieben, dass mehrere ältere Menschen zusammenbrachen und in den Gängen lagen. Eine Mutter habe fast die Nerven verloren und in Panik versucht, ein Fenster mit dem Nothammer einzuschlagen, weil ihr kleiner Sohn nach Atem rang.

Vom Zug aus wurden die Rettungskräfte in Bielefeld alarmiert. 91 Rettungskräfte waren im Einsatz, neun Jugendliche wurden ins Krankenhaus gebracht, einige erhielten Infusionen. Insgesamt wurden 27 Schüler medizinisch versorgt. Die Feuerwehr geht davon aus, dass alle Menschen das Krankenhaus wieder verlassen konnten.

Geruch nach verbranntem Gummi

Es sei bereits vor Bielefeld bekanntgewesen, dass die Klimaanlage in dem Zug defekt gewesen sei, sagte die Bundespolizei-Sprecherin. Ein Zeuge habe sich bei einem Zugbegleiter gemeldet, nachdem er einen strengen Geruch nach verbranntem Gummi bemerkt habe. Der Zugbegleiter habe dann festgestellt, dass die Klimaanlage nicht mehr funktioniere. Der Zug sei aber trotzdem weitergefahren. Ob der Defekt bereits vor der Abfahrt in Berlin bemerkt worden sei, konnte die Sprecherin nicht sagen.

Die Bahn hatte die technischen zwar Probleme eingeräumt, betonte aber, dass es sich um bedauerliche Ausnahmen handele. Bahn-Sprecher Jürgen Kornmann sprach von insgesamt drei ICE von Berlin Richtung Köln, die am Samstag in Hannover oder Bielefeld wegen Überhitzung aus dem Verkehr gezogen wurden.

In den modernen Zügen lassen sich die Fenster nicht öffnen. Schon im Hitze-Sommer 2003 brachen bei dem damals recht neuen ICE 3 die Klimaanlagen regelmäßig zusammen. Es gab Probleme mit Luftfiltern, die schnell verschmutzten und verstopften, so dass die Klimaanlage erst weiter hochfuhr und sich dann abschaltete.

dpa