Die neue Sucht? Forscher warnen vor Medien

Die neue Sucht? Forscher warnen vor Medien
Der Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe fordert, Mediensucht international als schwerwiegende Abhängigkeit anzuerkennen. Mediensüchtige zeigten ähnliche Symptome wie Drogensüchtige, sagte Theo Wessel, Geschäftsführer des Gesamtverbandes Suchtkrankenhilfe im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Daher sei es notwendig, dass die Weltgesundheitsorganisation eine solche Abhängigkeit nicht nur als Impulsstörung, sondern als Verhaltenssucht klassifiziere.

Am Freitag und Samstag beschäftigt sich die 3. Berliner Mediensucht-Konferenz mit Strategien für eine umfassende Prävention von Mediensucht. Die Konferenz wird vom Gesamtverband Suchtkrankenhilfe und der Rheinischen Fachhochschule Köln veranstaltet.

Studien zufolge gelten zwischen drei und sechs Prozent der Mediennutzer als abhängig. Zehn bis zwölf Prozent sind stark gefährdet. Ein suchtartiges Verhalten beginne ab einer zwanzigstündigen Nutzung der neuen Medien pro Woche, sagte Wessel.

Kontakte werden vernachlässigt

"Wer mediensüchtig ist, vernachlässigt aber zudem echte Kontakte, vergisst zu essen und zu trinken oder reagiert aggressiv, wenn er nicht online sein kann." Spielen, Chatten oder Surfen werde zur einzigen Möglichkeit, sich gut zu fühlen. "Die Dosis wird dabei kontinuierlich gesteigert", erläuterte Wessel.

Als besonders gefährdet sieht der Diplom-Psychologe die Gruppe der 12- bis 19-Jährigen. Hochrechnungen zufolge sind 98 Prozent dieser Altersgruppe über das Handy oder den Computer vernetzt. "Je früher Kinder und Jugendliche neue Medien nutzen, desto anfälliger sind sie, süchtig zu werden", sagte Wessel. Angesichts der steigenden Nutzungszahlen würden so immer mehr Menschen eine Abhängigkeit entwickeln.

Sport und Freunde

Dadurch gewinne auch die Präventionsarbeit an Bedeutung. Eltern und Lehrer müssten die Medienkompetenz der Jugendlichen fördern, damit sie selbst einschätzen könnten, wann sie genug gechattet oder gespielt hätten. "Wichtig ist, ein Gegengewicht zur virtuellen Welt wie echte Freunde oder Sport zu schaffen."

Neben besserer Prävention und Fortbildung von Erziehern, Lehrern und Kinderärzten sieht Wessel auch die Politik in der Pflicht. Der Jugendschutz müsse verstärkt und die Altersfreigaben bei vielen Computerspielen heraufgesetzt werden. Zudem müssten die technischen Möglichkeiten genutzt werden, um zeitliche Nutzungsbegrenzungen einzurichten.

epd