Gärtners Welt

Gärtners Welt

Juni ist der Monat der gesellschaftlichen Ereignisse in England. Ob Chelsea, Ascot, Wimbledon, Glastonbury – diese Ortsnamen sind Synonyme für society events, an denen man teilnehmen muss, wenn man reich und/oder berühmt und/oder schön und/oder irgendwie wichtig ist beziehungsweise sein möchte im noch immer reichlich klassenbewussten Inselstaat.

Birmingham löst dagegen weniger glamouröse Assoziationen aus. Doch in der vorigen Woche war die zweitgrößte Stadt Englands der Nabel der Welt für alle(s), was in der Hobbygärtnerwelt Rang und Namen hat. Gardeners' World heißt die Gartenausstellung, die die BBC zusammen mit der Royal Horticultural Society jedes Jahr im Nordwesten Englands veranstaltet. Es geht hier nicht ganz so exklusiv zu wie bei der Chelsea Flower Show, die ja allein schon durch ihre happigen Eintrittspreise das Publikum aussiebt. Weder sind extravagante Hüte noch hippe Kreationen oder flippige Gewänder zu bewundern, und auch die Queen wird nicht zum Tee erwartet.

Birmingham ist bodenständiger. Der Dresscode der Besucher wird dominiert von T-Shirt, Strickjacke und, falls es das Wetter erfordert, gern auch Gummistiefeln. In den Händen hält man kein Sektglas, sondern eine Tüte mit neu erworbenen Pflanzen. Statt stylischer Häppchen gibt es zum Mittagessen mitgebrachte Sandwiches, die auf dem Rasen zwischen den Schaugärten sitzend verzehrt werden.

Ganz ohne Promis geht es natürlich auch hier nicht. Okay, es sind keine internationalen Stars, aber in Großbritannien kennt sie jeder: Alan Titchmarsh, Monty Don, Carol Klein –es gibt wohl kaum jemanden auf der Insel, der noch nie eine ihrer Gartensendungen in Funk und Fernsehen verfolgt hat. Sehr beliebt war in der letzten Woche denn auch Gardeners' Question Time. Die Kultsendung (Pflichttermin für Hobbygärtner: freitags 15 Uhr, BBC Radio 4), bei der Experten die Fragen der Hörer beantworten, fand vorige Woche in Birmingham statt. Und so wurde ich Zeugin folgenden Wortwechsels:

Besucherin (hat Fotos mitgebracht, die sie aufs Podium reicht): Diese Rose hat einen sonnigen, geschützten Ort und ich dünge sie regelmäßig. Trotzdem blüht sie nie. Was kann ich tun?
Moderator: Oh mein Gott! Die sieht schrecklich aus!
Matthew Wilson: Wenn Rosen nicht blühen, kann das verschiedene Ursachen haben... (schaut auf das Foto) Manchmal hilft aber nur noch ausgraben und wegschmeißen.
Pippa Greenwood (welch wunderbarer Name für eine Gartenexpertin!): Also wenn Ihr Herz sehr daran hängt, können Sie vielleicht... (schaut auf das ihr gereichte Foto) ...allerdings: man muss sich auch trennen können.
Besucherin (versucht zaghaft einen Einwand)
Matt Biggs: Naja, vielleicht kann man ihr ja eine Chance geben...
Moderator, Matthew Wilson, Pippa Greenwood (durcheinander): Nein!! Weg damit! Schauen Sie sich um, selbst die vergammeltste Rose auf dieser Schau ist besser als dieses Ding hier! Das Leben ist zu kurz, um es mit scheußlichen Rosen zu verbringen!

In diesem Sinne: See you next year in Birmingham! (13.-17. Juni 2012)

(Alle Fotos: A.Schweizer)
 

weitere Blogs

Illustration blauer Stuhl
Dieses Jahr blieben beim Pessach-Seder viele Stühle leer.
Coole neue Gottesdienstformen finden viel Aufmerksamkeit – oder geschieht das nur um der Aufmerksamkeit willen?
Symbol Frau und Sternchen
Geschlechtsneutrale oder geschlechtssensible Sprache erhitzt seit Jahren die Gemüter. Nun hat die Bayrische Landesregierung das Gendern verboten. Die Hessische Landesregierung will das Verbot ebenfalls einführen.