Auf AUGENhöhe: Sprache des Herzens

Auf AUGENhöhe: Sprache des Herzens

An einem kalten Wintermorgen an die Heizung gekuschelt, habe ich es wieder neu für mich entdeckt. Ich habe einfach meine Gitarre genommen und drauf los gespielt. Die Töne waren nicht ganz im Takt. Meine Stimme, die vom Schlafen noch sehr verstimmt war, krächzte dazu. Doch niemand hörte mich. Deswegen war es mir egal.

Mit keiner anderen Sprache fällt es mir so leicht, Emotionen auszudrücken als mit Musik. In der Musik kann ich einfach ich sein. Da gibt es kein richtig oder falsch. Sicher, ein Ton kann schräg klingen. Aber klingt er auch falsch? Wenn die Töne und die Stimme das ausdrücken, was im Innersten gerade vorgeht, kann es doch gar nicht falsch sein, oder?

Was Worte nicht fassen können, das können Klang, Klangfarbe, Tempo und Rhythmus ausdrücken. Die Musik bleibt nach wie vor begrenzt und lediglich ein Stückwerk. Aber sie hilft mir, mich selbst zu erkennen. Dem Ausdruck zu verleihen, was in meinem Innersten ist. Denn an diesem Morgen war ich nicht allein. Ich hatte einen Zuhörer und für den habe ich gesungen und gespielt.

Ist dir schon einmal aufgefallen, dass es eigentlich keine Gottesdienstform ohne Musik gibt? Es gibt Gottesdienstformen ohne Abendmahl oder ohne Predigt. Es gibt Gottesdienstformen ohne eine bestimmte Liturgie oder ohne Psalmen. Es gibt Gottesdienstformen ohne Schriftlesung oder ohne Segensworte am Ende. Aber einen Gottesdienst ohne Musik, ohne Lieder, ohne Instrumentalstücke? Ich habe noch keinen Gottesdienst besucht, in dem Musik gefehlt hätte.

In der Musik hat Gott uns eine ganz besondere Sprache gegeben. In ihr ist nicht mehr wichtig, ob der andere mit dem übereinstimmt, was ich damit verbinde. Die abstrakte Wahrheit – oder besser Korrektheit – hat in der Musik keinen Raum. Dafür habe ich dort einen Raum. Und zwar so wie ich bin.

Als an jenem Morgen die Musik verklungen ist, als ich aufgehört habe zu spielen, war sie vergangen, fort. Und mein Herz hat sie mitgenommen zu IHM. Dort weiß ich es gut aufgehoben. Bei Gott ist es sicher.

Gibt es etwas, das Chillen mit Gott besser fassen könnte als Musik?

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