Lisa Rienermann
Beichten
Was tun, wenn die Seele belastet ist?
Vor einigen Jahren habe ich ein Experiment gemacht. Ich habe einen Roman geschrieben, in dem ein junger Ich-Erzähler sein Leben beichtet. Er bittet gleich zu Beginn darum, dass seine Leserinnen und Leser ihm nach der Lektüre schreiben sollen, ob er ein unverbesserliches Arschloch ist oder noch Hoffnung für ihn besteht. Dafür gibt es im Roman die E-Mail-Adresse binicheinegoist@gmail.com.
Viele Leserinnen und Leser haben E-Mails geschrieben, aber dabei selten die Frage des Ich-Erzählers beantwortet. Stattdessen haben sie ihr eigenes Leben gebeichtet. Wir Menschen haben ein Bedürfnis zu beichten, egal ob wir sollen oder nicht. Allerdings haben wir auf der anderen Seite auch ein Bedürfnis, unsere Verfehlungen für uns zu behalten – sie könnten peinlich sein oder es drohen Konsequenzen.

