Marie Kröger
Ökumene-Pastor in der Ukraine
"Die Menschen lassen sich nicht unterkriegen"
Zwei faustgroße Einschusslöcher klaffen in der Windschutzscheibe – direkt dort, wo normalerweise der Oberkörper des Fahrers sitzt. Der ukrainische Krankenwagen steht Anfang Mai mitten auf dem Gelände des Evangelischen Kirchentages in Hannover, zwischen Bratwurstbuden und Infoständen. Ein Mahnmal aus Blech und Glas.
"Der Fahrer hat den Angriff überlebt", sagt Pfarrer Kai Feller, sein Blick schweift über die zerschossene Front. In seiner Stimme schwingt Bewunderung mit – und ein leiser Schock. Dann deutet er auf die Trage im Inneren des Wagens. Eine Rose liegt darauf. "In dem Wagen sind auch Menschen gestorben", sagt er leise. Kai Feller ist ein sogenannter Ökumene-Pastor, er kümmert sich im Auftrag der evangelischen Kirche um den Zusammenhalt von Christen auf der ganzen Welt.
Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reist Feller regelmäßig ins Kriegsgebiet. Zuletzt war der 52-Jährige aus dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg im Januar für zehn Tage dort und besuchte die heftig umkämpfte Region Cherson. Dort unterstützt Feller mit dem Verein "Fellas for Europe" ein psychosoziales Zentrum, in dem 150 Kinder betreut werden. Und er hilft beim Bau einer unterirdischen Schule, die einen Unterricht trotz des ständigen Beschusses der Stadt ermöglichen soll.