Koalition uneins bei Finanztransaktionssteuer

Koalition uneins bei Finanztransaktionssteuer
Kontroverse Debatte über Regelung der Finanzmärkte: Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Eindämmung von Spekulationen spaltet die schwarz-gelbe Koalition.

Während CDU und FDP ein solches, vor allem von SPD, Grünen und Linkspartei gefordertes Instrument überwiegend ablehnen, spricht sich die CSU ohne Abstriche dafür aus. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer setzte sich dafür am Sonntagabend im ZDF "ohne wenn und aber" ein. "Denn wir müssen diese Branche, die Finanzbranche insgesamt, der wir ja zum großen Teil diese Wirtschafts- und Finanzkrise leider zu verdanken haben, bei der Bewältigung der Kosten auch heranziehen", sagte er zur Begründung in der Sendung "Berlin direkt".

Die Debatte über eine Finanztransaktionssteuer wird in dieser Woche auch die Beratungen über den 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung mitbestimmen. Die Bundesregierung will das deutsche Gesetz dafür am Mittwoch im Bundestag einbringen. An diesem Tag ist auch eine Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant. Nach Angaben aus Regierungskreisen vom Sonntag geht die Bundesregierung davon aus, dass am Freitag im Parlament über das Euro-Rettungs-Gesetz abgestimmt werden kann. Ob es am gleichen Tag bei einer Sondersitzung auch vom Bundesrat gebilligt wird, ist offen. Möglich wäre auch ein Beschluss der Länderkammer bei ihrer nächsten planmäßigen Sitzung am 4. Juni.

Merkel und Westerwelle betonen Skepsis

Neben Merkel hatte sich am Wochenende auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle erneut skeptisch über eine Steuer auf Finanztransaktionen geäußert. Trotzdem habe die FDP zugestimmt, dass dieses Instrument in der EU noch einmal geprüft werde. "Die Bundesregierung ist absolut gesprächsbereit", sagte er dem "Focus" mit Blick auf die SPD. "Aber es macht keinen Sinn, etwas zu beschließen, das nicht durchsetzbar ist oder wo Zweifel überwiegen, ob es etwas bringt." Merkel sagte beim DGB-Bundeskongress in Berlin ebenfalls, eine Finanztransaktionssteuer sei nur sinnvoll, wenn sie international eingeführt werde.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte ähnlich wie Parteichef Seehofer mit Blick auf die Beratungen im Bundestag: "Wir werden das Milliardenpaket nicht einfach durchwinken." Im "Münchner Merkur" (Montag) bekräftigte er, nötig sei eine strenge Regulierung der Finanzmärkte und ein Beenden der irrsinnigen Spekulationen. "Eine internationale Finanztransaktionssteuer muss eingeführt werden. Wir müssen die Bankenabgabe verschärfen."

Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) schloss in der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) keine Maßnahme zur Regulierung der Finanzmärkte aus, um im Bundestag eine breite Mehrheit zu bekommen. "Ich halte es nicht nur für wünschenswert, sondern für ein Gebot der Vernunft, angesichts der Tragweite der Herausforderung im Bundestag eine möglichst breite Mehrheit zustande zu bringen." Das beziehe SPD und Grüne ein. "Die Handlungsfähigkeit der Koalition wird sich auch daran entscheiden, ob wir imstande sind, SPD und Grünen ein Angebot zu unterbreiten, das hierfür eine tragfähige Grundlage darstellt."

Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte dem "Kölner Stadtanzeiger" (Montag): "Statt uns in aussichtslosen Diskussionen um Steuersenkungen zu ergehen, sollten wir lieber zügig an einer Vereinfachung des Steuersystems arbeiten". Sie meinte: "Wenn man über eine Erneuerung nachdenkt, kann es zu Umverteilungen und damit zu punktuellen Minder- oder Mehrbelastungen kommen. Mit generellen Steuererhöhungen löst man die Probleme dieses Landes nicht."

Appell Österreichs für Finanztransaktionasteuer

Österreichs Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll forderte die Bundesregierung auf, ihren Widerstand gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer aufzugeben. "Die Europäische Union will im Grundsatz eine Finanztransaktionssteuer", sagte er der Zeitung "Die Welt" (Montag). "Es wäre sehr hilfreich, wenn Deutschland mitmachen würde. Denn ohne Deutschland hat die Besteuerung von Spekulationsgeschäften in Europa keine Chance", sagte Pröll, der auch Vorsitzender der konservativen ÖVP ist.

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser äußerte sich im "Hamburger Abendblatt" (Montag) positiv zu einer Transaktionssteuer: "Eine Transaktionssteuer kann ein richtiger Weg sein, um die Erträge der reinen Finanzprodukte nicht zu weit von denen der Finanzierung der Realwirtschaft auseinanderdriften zu lassen. Die Idee sollte nicht mit ausschließlich ideologischen Reflexen vom Tisch gewischt werden, denn das Problem des Auseinanderdriftens ist real."

dpa