Vor allem Spitzenverdiener profitierten von Steuerreform

Vor allem Spitzenverdiener profitierten von Steuerreform
Steuersenkungen sollen die Bürger entlasten - wieviele Politiker haben das im vergangenen Jahrzehnt nicht immer wieder versprochen. Und eine Steuerreform nach der nächsten eingeleitet. Dumm nur, dass diese viel gepriesenen Entlastungen nur bei einer Gruppe wirklich ankamen: bei Spitzenverdienern.

Großverdiener haben im vergangenen Jahrzehnt stärker von den deutschen Sozial- und Steuerreformen profitiert als die kleinen Leute. Deshalb war die in der politischen Diskussion viel kritisierte "kalte Progression" im Portemonnaie nicht zu spüren. Im Gegenteil: "Auf mittlere Sicht haben vor allem alleinstehende Spitzenverdiener (...) profitiert", konstatiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag in einer Studie. Dagegen lagen die Abzüge für Alleinerziehende mit geringem Einkommen 2009 "nur knapp unter dem Niveau des Jahres 2000".

Bei einer Lohnerhöhung entfallen bei Normalverdienern auf jeden zusätzlichen Euro höhere Steuern und Abgaben als bei Großverdienern. Das liegt an den Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherung. "Wenn ein Arbeitnehmer seinem Angestellten bei gut 40.000 Euro Jahresgehalt mehr Geld gibt, müssen von zusätzlichen 100 Euro Arbeitskosten 65 Euro als Steuern und Abgaben abgeführt werden", rechnet die OECD vor. "Bei einem Jahresgehalt von 20.000 Euro sind es 55 Euro, bei 80.000 Euro sind es dagegen nur 44 Euro."

Insgesamt, so fasst die Studie zusammen, wird in Deutschland der Faktor Arbeit immer noch stärker mit Steuern und Sozialabgaben belastet als in anderen OECD-Ländern. Das gilt besonders für alleinstehende Geringverdienende und Alleinerziehende. Anders sieht es dagegen bei Ehepaaren mit nur einem Erwerbstätigen und alleinstehenden Spitzenverdienern aus: Hier fallen die Abzüge im OECD-Vergleich eher moderat aus und das unabhängig davon, ob Kinder zum Haushault gehören oder nicht.

Die Organisation schlussfolgert daraus, dass die hohen Sozialabgaben die Beschäftigung in Deutschland bremsen. Die Sozialsysteme sollten daher stärker über Steuern etwa auf Konsum und Grundbesitz finanziert werden, erklärte die OECD.

"Deutschland ist im Vergleich zu anderen OECD-Staaten kein Hochsteuerland", erklärt die OECD. Der Anteil aller Steuern und Abgaben an der gesamten Wirtschaftsleistung ist mit 36,4 Prozent nur durchschnittlich. Allerdings wird der Faktor Arbeit mehr als anderswo belastet, nämlich um 51 Prozent statt 36,4 Prozent im OECD-Mittel. Frankreich liegt dabei nur ganz knapp hinter Deutschland. Höher ist die Belastung der Arbeit nur in Belgien und Ungarn.

Die Arbeitnehmer müssen heute anteilig weniger Steuern und Abgaben zahlen als vor zehn Jahren. Doch die Sozialabgaben machen immer noch 13,3 Prozent der Staatseinnahmen aus; im OECD-Mittel sind es nur neun Prozent. "Das macht Arbeit in Deutschland besonders teuer und macht es vor allem für gering Qualifizierte schwierig, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden", heißt es.

dpa/fra