Belgisches Parlament verbietet Tragen von Burka

Belgisches Parlament verbietet Tragen von Burka
Belgien verbietet als erstes europäisches Land das Tragen von Ganzkörperschleiern wie etwa der Burka in der Öffentlichkeit. Bei einer Zuwiderhandlungen drohen Geldbußen und sogar Gefängnisstrafen. Auch Frankreich plant harte Sanktionen gegen vollständig verschleierte muslimische Frauen.

Das belgische Parlament billigte am Donnerstagabend einstimmig ein entsprechendes Gesetz. Nur zwei Abgeordnete enthielten sich. Bevor der Bann in Kraft treten kann, muss aber noch der Senat zustimmen. Einen Termin gibt es dafür nicht. Belgien hat nur noch eine geschäftsführende Regierung, die von dem flämischen Christdemokraten Yves Leterme geführt wird. Es ist wahrscheinlich, dass es im Juni Neuwahlen geben wird. Die Abstimmung war in der vergangenen Woche wegen der Regierungskrise verschoben worden.

Der Gesetzentwurf verbietet das Tragen von Kleidungsstücken, die eine Identifizierung der Person im öffentlichen Raum - also Schulen, Krankenhäuser, Busse oder Bahnen - unmöglich machen. Feste wie Karneval sollen von der Regel ausgenommen sein - ebenso wie Motorradfahrer, für die Helmpflicht gilt. Der Text nennt den Ganzkörperschleier Burka nicht ausdrücklich. Als Strafe bei Missachtung der Regel sind 25 Euro Geldbuße oder bis zu sieben Tage Gefängnis geplant. Gemeinden können das Bußgeld bis auf 250 Euro erhöhen. Ein Kopftuch ist dagegen weiter erlaubt. Neben Belgien will auch die Regierung in Frankreich muslimischen Frauen das Tragen von Burkas verbieten.

Verbot bereits in acht Gemeinden

In der Debatte um das Verbot hatte es in den vergangenen Wochen Zweifel gegeben, ob das Gesetz vor dem belgischen Staatsrat oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand haben kann. "Die Regel könnte den bürgerlichen Freiheiten widersprechen", hatte der Grünen-Abgeordnete Fouad Lahssaini gesagt. Der Ganzkörperschleier bei den rund 500.000 Muslimen in Belgien ist absolut selten. Eine Statistik über Burka-Trägerinnen existiert nicht. Nach früheren Informationen der Zeitung "Le Soir" haben acht Gemeinden in der Region Flandern, die bereits seit Jahren den Ganzkörperschleier im öffentlichen Leben verbieten, 2009 lediglich 29 Geldbußen verhängt.

Amnesty International bezeichnete den geplanten belgischen Burka-Bann als "gefährlichen Präzedenzfall". Ein vollständiges Verbot, das Gesicht zu verhüllen, würde die Grundrechte von Frauen verletzen, die Ganzkörperschleier als Ausdruck ihrer Identität und ihres Glaubens tragen, sagte der Amnesty-Fachmann für Diskriminierungsfragen, John Dalhuisen. "Einschränkungen von Menschenrechten müssen immer proportional zu einem gerechtfertigten Ziel sein. Ein vollständiges Verbot für Schleier, die das ganze Gesicht verhüllen, wäre es nicht", sagte der Experte.

Zustimmung zu dem Vorstoß kam von rechten und konservativen Kräften in Österreich. Der Beschluss sei ein "wichtiger Beweis dafür, dass die Diskussion über die Verletzung von Frauen- und Menschenrechten notwendig und wichtig ist", sagte die Wiener ÖVP-Chefin Christine Marek. Die FPÖ sieht in einem Verbot ein wichtiges Signal gegen "die Islamisierung Europas". Andere Länder sollten dem Beispiel folgen, so die Freiheitlichen.

Kein einziger Schleier in Österreich

Auch in Deutschlands Nachbarland wird seit Wochen darüber diskutiert, das Tragen von islamischen Ganzkörperschleiern zu untersagen. Kirchen, die rechte FPÖ, die konservative ÖVP sind dafür. Auch der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann könnte sich ein Burkaverbot vorstellen. Die Grünen und die Islamische Glaubensgemeinschaft sind dagegen, weil sie das nicht als gesellschaftliches Problem in Österreich sehen. Nach Angaben der Glaubensgemeinschaft ist in Österreich noch nie eine Frau mit Burkaschleier gesichtet worden. Außerdem schütze solch ein Verbot Frauen nicht automatisch vor Unterdrückung.

Das in Frankreich geplante Verbot von muslimischen Ganzkörperschleiern soll mit harten Strafandrohungen kombiniert werden. Männer, die Frauen zum Tragen von Burka oder Nikab zwingen, müssen nach einem ersten Gesetzentwurf bis zu ein Jahr Haft und eine Geldstrafe von 15.000 Euro fürchten. Für das Tragen von Ganzkörperschleiern an sich soll eine Geldbuße von 150 Euro fällig werden. Zusätzlich oder alternativ ist die Verpflichtung zu einem "staatsbürgerlichem Praktikum" angedacht. Bei ihm soll den Frauen vermittelt werden, warum in Frankreich das Verhüllen des Gesichts nicht erwünscht ist.

"Frauen sind häufig Opfer"

Die vergleichsweise glimpflichen Strafandrohungen für die Trägerinnen der Ganzkörperschleier begründet das Justizministerium mit dem Zwang, der vielfach ausgeübt werde. "Die Frauen sind häufig Opfer", zitierte die Pariser Tageszeitung "Le Figaro" (Freitag) einen Mitautoren des Textes. "Dieses Gesetz ist nicht dafür da, die französische Gesellschaft vor dem Islamismus zu schützen, sondern dafür, die Frauen und ihre Rechte zu schützen."

Das Gesetz zum Totalverbot von Kleidung, die wie Nikab und Burka das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verdecken, soll Anfang Juli von der Nationalversammlung verabschiedet werden. Die endgültige Verabschiedung durch den Senat ist für September vorgesehen. Die Belgier sind den Franzosen damit einen Schritt voraus. Dort billigte das Parlament bereits am Donnerstagabend ein entsprechendes Gesetz. Der Senat muss allerdings ebenfalls noch zustimmen.

dpa