Öl tritt weiter aus: Wettlauf mit der Zeit

Öl tritt weiter aus: Wettlauf mit der Zeit
Am Golf von Mexiko wächst die Angst vor einer Öl-Katastrophe: Expertenteams haben sich bisher vergeblich bemüht, den Austritt von Rohöl nach dem Untergang einer Bohrinsel zu stoppen.

Wettlauf mit der Zeit im Golf von Mexiko: Expertenteams gelang es bis zum Abend nicht, mit Hilfe von Mini-U-Booten ein Ventilsystem zu aktivieren, das den Ölfluss ins Wasser in 1.500 Meter Tiefe stoppen könnte. Schätzungsweise 140 Tonnen Rohöl sprudeln derzeit täglich ins Meer, gelingt es nicht bald, das Ventilsystem in Gang zu bringen, werden andere langwierige Manöver nötig. Das heißt, dass Öl sogar mehrere Monate weiter ins Wasser strömen könnte.

"Austretende Ölmenge vergleichsweise gering"

Etwa 1.500 Quadratkilometer Fläche vor der Küste von Louisiana waren am Montag von einem Ölfilm bedeckt. Aber Konteradmiralin Mary Landry von der Küstenwache blieb weiter zuversichtlich, dass günstiger Wind ihn noch mindestens drei Tage lang vom Land fernhält. Das gäbe genügend Zeit, das Ausmaß der Verseuchung zu begrenzen, bekräftigte Landry. Sie wies auch darauf hin, dass die austretende Ölmenge vergleichsweise gering sei und einen nur dünnen und fleckenhaften Film auf der Wasseroberfläche bilde. Dennoch könne die Lage ernster werden: "Wir müssen uns auf den schlimmsten Fall vorbereiten."

Ein US-Experte von der renommierten Woods Hole Oceanographic Institution betonte, dass die ökologischen Folgen des Ölaustritts im Golf von Mexiko noch völlig unabsehbar seien. Bisher habe man nur sehr wenig Erfahrungen mit Öllecks im offenen Meer, sagte der Fachmann für Meereschemie, Chris Reddy, in einem dpa-Gespräch.

"Kein Zweifel, dass es ökologische Schäden geben wird"

Er wies aber auch darauf hin, dass sich der jetzige Fall nicht mit der "Exxon Valdez"-Katastrophe von 1989 vor der Küste Alaskas vergleichen lasse. Damals waren rund 40.000 Tonnen Rohöl ausgelaufen. Der Golf von Mexiko sei ein recht offenes Meer mit großer Tiefe, das Leck befinde sich über 70 Kilometer von der Küste entfernt, sagte Reddy. Zudem hätten die Behörden tatsächlich mehrere Tage Zeit, bis sich der Ölteppich der Küste nähere, Zeit, um den Ölfilm aufzuhalten oder das Öl chemisch aufzulösen. "Allerdings gibt es keinen Zweifel, dass es ökologische Schäden geben wird", meinte Reddy. Im Golf von Mexiko gebe es ein vollständiges maritimes Ökosystem einschließlich Meeressäugern wie Delfinen und Walen.

Das Öl tritt nach Angaben des britischen Konzerns BP, der die am Donnerstag gesunkene Bohrinsel "Deepwater Horizon" geleast hatte, an zwei Stellen aus: Am letzten Bohrloch der Plattform und aus einem Leck in einer Rohrverbindung, die zu dem Bohrloch führt. Klappt das Aktivieren des Ventilsystems nicht, könnte ein Nebenzugang zu dem Bohrloch geschaffen werden, um den Ölaustritt durch das Einleiten einer schweren Flüssigkeit zu stoppen. Als weitere Variante könnten die BP-Experten versuchen, eine kuppelartige Konstruktion über das Bohrloch zu stülpen. Das austretende Öl würde dann in einen Tank an die Meeresoberfläche geleitet. Eine von zwei Plattformen mit entsprechender Ausrüstung, die BP für diese Arbeiten angefordert hat, wurde in der Nacht zum Dienstag an der Unglücksstelle erwartet.

dpa