Panik und Chaos nach Erdbeben mit etwa 400 Toten

Panik und Chaos nach Erdbeben mit etwa 400 Toten
Ein verheerendes Erdbeben auf dem tibetischen Hochplateau im Nordwesten Chinas hat etwa 400 Menschen das Leben gekostet. Etwa 10 000 Menschen wurden verletzt. Die Erdstöße der Stärke 7,1 in der Präfektur Yushu in der Provinz Qinghai überraschten viele Menschen am frühen Mittwochmorgen im Schlaf. Es herrschte Chaos und Panik. Mit bloßen Händen suchten verzweifelte Menschen in den Trümmern nach Verschütteten. Verletzte mit blutenden Wunden suchten vergeblich nach medizinischer Hilfe.
14.04.2010
Von Andreas Landwehr

Die Stadt Jiegu, der Verwaltungssitz der Präfektur, wurde "fast dem Erdboden gleichgemacht", sagte der Funktionär Zha Xi von der Katastrophenzentrale der Nachrichtenagentur dpa in Peking. "Die meisten Häuser sind eingestürzt. Wir suchen nach Verschütteten." Hilfe von außerhalb ließ lange auf sich warten. "Gegenwärtig sind wir bei den Rettungsarbeiten auf uns alleingestellt", sagte der Beamte acht Stunden nach dem Beben. "Unsere Hauptaufgabe ist, verschüttete Menschen aus den Trümmern zu graben."

Die Straße zum nahe gelegenen Flughafen sei nach Erdrutschen blockiert. "Wir bemühen uns, den Weg von der Gemeinde zum Flughafen freizubekommen, weil es die einzige Möglichkeit ist, um Hilfsgüter hierher zu bekommen." Es gebe vor Ort nur einige hundert Soldaten. "Sie sind alle schon an vorderster Front der Bergungsarbeiten." Ein Staudamm habe bedrohliche Risse gehabt, doch sei die Situation entschärft worden. "Das Wasser wurde komplett abgelassen, so dass jetzt keine Gefahr mehr herrscht", sagte Zha Xi.

Merkel äußert Bestürzung

In einem Telegramm an Chinas Regierungschef Wen Jiabao äußerte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Trauer und Bestürzung. Die Europäische Union und andere Länder boten ihre Hilfe an. In dem abgelegenen Erdbebengebiet mangelte es an schwerem Räumgerät und medizinischer Hilfe. "Die Straßen von Jiegu sind voll mit Menschen in Panik und mit Verletzten, von denen viele aus Wunden am Kopf bluten", sagte ein Funktionär der Nachrichtenagentur Xinhua. "Ich sehe Verletzte überall. Das größte Problem ist jetzt, dass es keine Zelte gibt. Uns fehlen auch medizinische Ausrüstung, Medikamente und ärztliches Personal."

Das Desaster weckte Erinnerungen an die Erdbebenkatastrophe im Mai 2008 in der Provinz Sichuan, wo mehr als 87 000 Menschen ums Leben gekommen waren. Einige Chinesen sahen auch Parallelen, weil damals die Erde kurz vor den Olympischen Spielen in Peking bebte, während jetzt mit der im Mai in Shanghai beginnenden Expo 2010 erneut ein Weltereignis in China bevorsteht. Wie in Sichuan, wo es eine heftige Kontroverse um Pfusch am Bau in Schulen gab, stürzten jetzt auch mehrere Schulgebäude ein. Wie viele Kinder ums Leben kamen, war unklar.

Viele Studierende unter den Opfern

"Viele Studenten sind in den Trümmern eines eingestürzten Gebäudes einer Berufsschule begraben", sagte ein Funktionär laut Xinhua. Ein Grundschullehrer sagte: "Die Gebäude unserer Schule stürzten alle ein." Das Beben sei vor Beginn des Unterrichts passiert. "Einige Schüler rannten aus den Schlafsälen, und jene, die nicht rechtzeitig flüchten konnten, wurden begraben."

Rettungsteams und medizinisches Personal wurden aus benachbarten Provinzen entsandt. 5.000 Helfer wurden mobilisiert, wie Xinhua berichtete. Das Militär bereitete drei Flugzeuge mit Bergungstrupps und Hilfsmaterial vor. Das Verwaltungsministerium in Peking kündigte an, 5.000 Zelte sowie jeweils 50.000 Decken und Mäntel in die mehr als 4.000 Meter hoch gelegene Erdbebenregion auf dem Hochplateau zu schicken. Tausende Menschen waren obdachlos. Im Umkreis von 75 Kilometern um das Epizentrum leben 90.000 Menschen.

"Mein Haus zitterte gewaltig, dann stürzte es ein", erzählte der Vizenachrichtenchef des Fernsehens von Yushu, Karsum Nyima, der unverletzt davongekommen war. "Die Häuser hier sind meist aus Holz und Lehm gebaut", sagte der Funktionär im Staatsfernsehen. "Fast alle Häuser sind eingestürzt." Er beschrieb die Lage als chaotisch. "Die Menschen sind alle auf den Straßen, stehen vor den Trümmern ihrer Häuser." Das Gebiet im Süden von Qinghai ist zwar dünn besiedelt, doch lag das Epizentrum nur 50 Kilometer westlich von Jiegu. Drei größere Nachbeben bis zu einer Stärke von 6,3 wurden registriert.

dpa