Paralympics: Aus Freude am Leben, aus Freude am Helfen

Paralympics: Aus Freude am Leben, aus Freude am Helfen
In Vancoucer sind am Wochenende die Paralympics zu Ende gegangen. Claudia Rudolff sollte als evangelische Seelsorgerin mitfahren, war dann aber doch verhindert. Dies ist ihr Blick auf die Paralympics, ganz persönlich, von zu Hause aus und dennoch gut informiert.

Die X. Paralympischen Winterspiele in Vancouver sind am Sonntagabend um 20.16 Uhr Ortszeit nach 9 Wettkampftagen mit einer emotionalen Feier in Whistler zu Ende gegangen. "Wir kehren nun nach Hause in alle Welt, mit neuem Geist und neuer Energie in uns", sagte Phil Craven, Präsident des Internationalen Paralympischen Komittes (IPC). Craven sprach von "magischen Spielen, den besten Winter-Paralympics aller Zeiten." Viele der 505 Paralympics-Teilnehmer aus 44 Ländern waren bei der Abschlussfeier dabei und schwenkten zum Abschied ihre Landesfahnen. Die erst 17jährige Skirennfahrerin Anna Schaffelhuber trug die schwarz-rot-goldene Fahne.

Leider konnte ich die Spiele selbst nicht hautnah miterleben. Ich wollte gern als evangelische Seelsorgerin mitfliegen, musste aber dann durch einen Krankheitsfall in der Familie zu Hause bleiben. Meine Eindrücke habe ich durch Telefonate mit meinem katholischen Kollegen Schütt, der vor Ort war und mit Funktionären und Sportlern. Viele von ihnen kenne ich noch von den paralympischen Winterspielen in Salt Lake City 2002 und Turin 2006.

Deutsche Paralympioniken gewinnen die Medaillenwertung

Nach 64 Entscheidungen hat das mit nur 20 Athleten "kleine" deutsche Team die Medaillenwertung vor Russland gewonnen. 13 Gold-, 5 Silber- und 6 Bronzemedaillen begleiteten die Athletinnen und Athleten am Montag und Dienstag auf ihrer Rückreise nach Deutschland. Verena Bentele (Ski nordisch) und Lauren Woolstencroft (Ski alpin-Kanada) avancierten mit je fünf Goldmedaillen zu den erfolgreichsten Athletinnen der Spiele.

Verena Bentele ist von Geburt an blind. Nach dem Gewinn der 4. Goldmedaille sagte sie: "Auch die vierte Medaille ist super schön, es ist einfach so gut gelaufen. Mein Trainer Werner Nauber hat mir einen super Trainingsplan geschrieben und mich auf den Punkt fit gemacht." Ein perfektes Rennen an einem perfekten Tag: Bentele gewann mit Begleitläufer Thomas Friedrich in 15:08,8 Minuten. Gerd Schönfelder (Ski alpin) als erfolgreichster Athlet holte vier Goldmedaillen und eine Silbermedaille. Auch Martin Braxenthaler, der querschnittsgelähmt ist und sitzend mit Monoski fährt, gehört mit drei Goldmedaillen zu den herausragenden Sportlern der Spiele. Doch nicht nur die vielen Siege und Medaillen machten die gute Stimmung bei diesen Spielen aus.

"Schön, dass Menschen nicht immer nach materiellem Nutzen fragen"

Für viele Athleten ist es bereits die dritte oder vierte Teilnahme an den Paralympics. Sie kennen sich und haben ein gutes Verhältnis nicht nur untereinander, sondern auch zu ihren Trainern und Betreuern. Die meisten dieser Trainer und Betreuer arbeiten ehrenamtlich und nehmen sich für die Zeit der Spiele Urlaub. Sie sind zum Beispiel als Guides der Sportler und Sportlerinnen mit Sehbehinderungen unterwegs. Sie laufen nicht nur im Rennen vor ihnen und sagen ihnen den Verlauf des Parcours an, sie kümmern sich auch um ihre Belange. Alle Betreuer und Trainer tragen dazu bei, dass die Sportler und Sportlerinnen sich voll auf ihre Wettkämpfe konzentrieren können. Es war schön zu erleben, so erzählte mir mein katholischer Kollege, dass Menschen Dinge für andere tun, ohne nach dem materiellen Nutzen zu fragen. All diesen Menschen möchte ich ein herzliches Dankeschön aussprechen. In solchem Tun nimmt für mich Nächstenliebe konkrete Gestalt an.

Viele der Athleten und Athletinnen sind nicht mit Behinderungen geboren, sondern durch Verkehrsunfälle oder Arbeitsunfälle gehandicapt. Sie fielen natürlich erst in ein Loch nach dem Unfall, und manche sahen kaum eine Möglichkeit, ihre Behinderung zu akzeptieren. Doch durch Mut machende Ereignisse und vor allem durch andere Menschen haben sie wieder Freude am Leben bekommen und der Sport hat ihnen zu neuem Selbstbewusstsein geholfen. Manche haben auch durch ihren Glauben Mut erfahren. Für mich wird überall, wo Menschen trotz leidvoller Erfahrungen Ja zum Leben sagen, Gottes Gegenwart und Liebe sichtbar.

Ein Ansporn für München 2018

Nach den Erzählungen war es für alle Sportlerinnen und Sportler ein großes Ereignis und sie kommen mit vielen Erlebnissen nach Hause. Manche haben Ansporn erhalten, schon bald für die nächsten Winterspiele zu trainieren. Auch die Initative München 2018 lobte das Paralympische Team und seine Leistung. Mit dieser erfolgreichen Präsentation habe Deutschland gezeigt, dass die paralympische Bewegung einen hohen Stellenwert im organisierten Sport in Deutschland einnimmt. Neben dem guten Abschneiden des Paralympischen Teams in Vancouver kann Deutschland nach diesen Spielen den ersten Platz im ewigen Medaillenspiegel verbuchen.

Die Ergebnisse des Paralympischen Teams und die Top-Platzierung im ewigen Medaillenspiegel stärken der Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2018 den Rücken: "Diese Paralympischen Winterspiele waren eine Erfolgsgeschichte, dazu möchte ich dem Internationalen Paralympischen Komitee und natürlich auch den kanadischen Gastgebern gratulieren", sagte Willy Bogner nach der emotionalen wie hochklassigen Abschlussfeier in Vancouver: "Ich habe ein richtiges München-Fieber bei allen Beteiligten vor Ort gespürt. Wir haben in Kanada wieder viele freundschaftliche Verhältnisse aufgebaut."

Schließen möchte ich meinen Bericht mit einem Segen für alle, die zum Gelingen der Spiele beigetragen haben und nun wohlbehalten heimgekehrt sind:

Der Herr segne dich
in allen Tagen, Wochen und Monaten
dieses Jahres, die vor dir liegen.
Der Herr behüte dich
bei allem, was du vorhast.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir,
über deinen Wegen, auf Gratwanderungen,
auf Umwegen und in Sackgassen.
Der Herr sei dir gnädig
bei allem, was du planst, tust und lässt.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich,
auf deine Erwartungen, Wünsche und Hoffnungen.
Der Herr gebe dir Frieden,
in deinem Herzen, in der Begegnung mit anderen
Menschen, heute und für immer.
Amen.