Muslime uneins über Teilnahme an Islamkonferenz

Muslime uneins über Teilnahme an Islamkonferenz
In den Reihen der Muslime in Deutschland herrscht weiterhin große Uneinigkeit über eine Teilnahme an der Islamkonferenz der Bundesregierung. In der Bundesrepublik leben rund vier Millionen Menschen islamischen Glaubens.

Während die umstrittene Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) am Dienstag Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schwere Vorwürfe machte, attackierte die türkischstämmige Soziologin Necla Kelek die muslimischen Verbände scharf. Kelek, die zu den Teilnehmern der ersten Runde der Islamkonferenz gehörte, forderte de Maizière in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstag) auf, konsequent zu bleiben und die Islamkonferenz im Zweifel ohne die muslimischen Verbände stattfinden zu lassen.

Die im Koordinationsrat der Muslime zusammengeschlossenen Dachverbände seien nicht an einer demokratischen Diskussion interessiert, schreibt die Islamkritikerin. Es handele sich bei ihnen nicht um Vertreter der Bedürfnisse der Gläubigen, sondern um "Glaubensparteien, von niemandem gewählt, nur einer globalen Islamstrategie folgend". Kelek wirft den Verbänden vor, ihnen gehe es um Einfluss und nicht um Integration der in Deutschland lebenden Muslime: "Sie wollen als Körperschaft öffentlichen Rechts, wie die Kirchen, anerkannt werden, um Religionsunterricht nach eigenem Gusto anbieten zu können." Über Fragen wie Gleichberechtigung von Mann und Frau oder Fundamentalismus in den Moscheen wollten die Verbände nicht sprechen, schreibt die Soziologin.

Ermittlungen gegen Milli Görüs

De Maizière hat den Islamrat vorerst von der Islamkonferenz ausgeschlossen, weil gegen dessen größtes Mitglied Milli Görüs wegen Steuerhinterziehung, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche ermittelt wird. Wegen der Suspendierung und der vom Innenminister angekündigten Themensetzung erwägen die muslimischen Organisationen ihren Ausstieg aus der Islamkonferenz.

Dem Koordinationsrat gehören neben dem Islamrat die dem türkischen Staat verbundene Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Verband Islamischer Kulturzentren und der Zentralrat der Muslime in Deutschland an. Diese drei Organisationen sind neben der Türkischen Gemeinde in Deutschland und der Alevitischen Gemeinde Deutschland zur Fortsetzung der Islamkonferenz eingeladen. Der Koordinationsrat konnte sich am vergangenen Freitag nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen und will diesen Freitag erneut über die Teilnahme beraten.

"Hegemoniale Diskurskultur"

In einer Stellungnahme kritisierte der stellvertretende Generalsekretär von Milli Görüs, Mustafa Yeneroglu, de Maizière scharf. Da die staatliche Seite alleine über die Teilnehmer der Islamkonferenz bestimme, herrsche dort eine "hegemoniale Diskurskultur". Es gehe dem Innenministerium weniger um Integrationsförderung als um die "Fortführung der Leitkultur-Debatte auf einer anderen Plattform". Der Islam werde als Gegenpol zur "christlich-jüdisch-abendländischen Identität" definiert. Daher dominierten in der Debatte über einen Wertekonsens Anpassungserwartungen an die Muslime, schreibt Yeneroglu.

Das Ministerium könne sich nicht von "ideologischen Konstruktionen lösen, um einen ausgewogenen Weg" zu gehen. Yeneroglu forderte eine "Politik der Anerkennung" als Grundlage für die Islamkonferenz. Nur dann könne die Konferenz als konstruktives Projekt funktionieren.