Militärseelsorger fordern klares Konzept für Afghanistan

Militärseelsorger fordern klares Konzept für Afghanistan
Die evangelischen Militärseelsorger in Deutschland haben einen konkreten Plan für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gefordert - einschließlich einer Abzugsperspektive.

"Wir brauchen ein Konzept mit klaren erfüllbaren und erreichbaren Zielen", sagte Militärbischof Martin Dutzmann am Montag in Lüneburg bei der jährlichen Konferenz evangelischer Militärgeistlicher. Die bisherige Strategie der Bundesregierung sei "sehr grobmaschig gestrickt" und weise Lücken auf: "Sie lässt nicht erkennen, unter welchen Bedingungen der Abzug gedacht werden kann."

Der Bundestag brauche für seine Entscheidungen über den Einsatz zum Beispiel genaue Kriterien, wie viele Richter oder Lehrer es in einer Stadt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt geben oder welche Gebäude dort stehen sollten, sagte Dutzmann. Der Erfolg müsse überprüfbar sein. "Wenn wir einfach so weiter machen wie bisher, droht die ethische Legitimation des Einsatzes verloren zu gehen", warnte der Militärbischof. Bei der Konferenz beraten etwa 100 Militärpfarrer bis zum Freitag über aktuelle Fragen ihrer Arbeit.

"Gesellschaft muss diskutieren"

Dutzmann begrüßte es ausdrücklich, dass die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, zum Jahreswechsel eine Debatte über die Ziele des Einsatzes angestoßen hatte. Auch nach dem Rücktritt Käßmanns vor zwei Wochen müsse das Gespräch darüber fortgeführt werden. "Diese Gesellschaft muss darüber diskutieren: Wo ist eigentlich die Bundesrepublik bereit, Menschenleben aufs Spiel zu setzen?" Viele Soldaten hätten das Gefühl, die Gesellschaft trage den Einsatz nicht mit.

Der Militärbischof und die Spitze der EKD hatten Ende Januar in einer Erklärung den Vorrang des zivilen vor dem militärischen Engagement in Afghanistan gefordert. Wenig später hatte die Bundesregierung die Mittel für den zivilen Aufbau nahezu verdoppelt. Dutzmann betonte, die Militärseelsorge sei in einem ständigen und guten Gespräch mit den politisch Verantwortlichen. Keinesfalls werde die Kirche aus symbolischen Gründen ihre Seelsorger aus Krisengebieten abziehen: "Wenn unsere Soldaten in den Irak gemusst hätten, dann hätten wir das politisch für falsch gehalten, wären aber trotzdem mitgegangen."

Ein Fünftel im Ausland

Der Wandel der Bundeswehr von einer Bündnis- und Verteidigungsarmee zu einer Einsatzarmee stellt nach Angaben des Kieler Militärdekans Armin Wenzel die Militärpfarrer vor eine personelle Belastungsprobe. Von den 100 Seelsorgern seien derzeit etwa 20 pro Jahr in einem mehrmonatigen Auslandseinsatz. Das reiße Lücken in den Heimatkasernen. In Seelsorge und Ethik erhielten die Themen Sterben, Tod und Töten einen immer größeren Stellenwert.

Wenzel und Dutzmann begrüßten es, dass der lebenskundliche Unterricht für Soldaten unabhängig von Konfession und Religion seit 2009 verbindlich und nicht mehr nur freiwillig sei. "Eine Einsatzarmee, wie sie die Bundeswehr inzwischen ist, muss so etwas haben", sagte Dutzmann.

epd