Studie: Wer arbeitet, hat immer mehr

Studie: Wer arbeitet, hat immer mehr
Eine Vollzeitstelle bringt nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands auch im Niedriglohnsektor mehr Einkommen als Hartz-IV-Leistungen - wenn Zusatzleistungen richtig berechnet werden.

Eine Vollzeitstelle bringt auch im Niedriglohnsektor mehr Einkommen als Hartz-IV-Leistungen. Das geht aus Berechnungen hervor, die der Paritätische Wohlfahrtsverband am Montag in Berlin vorstellte. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider betonte: "Wer arbeitet, hat immer mehr." Es sei nicht richtig, dass die Anreize zur Arbeit in Deutschland nicht ausreichten. In den vergangenen Wochen sei vielmehr gezielt ein politisches Klima erzeugt worden, wonach sich Leistung angeblich nicht mehr lohne.

Kinderzuschlag und Wohngeld bei Berechnungsbeispielen ignoriert

Nach den Berechnungen des Verbandes liegt der Lohnabstand zwischen Arbeitnehmern im Niedriglohnbereich und Hartz-IV-Empfängern je nach Haushaltstyp zwischen 280 bis zu 900 Euro im Monat. Zugrunde gelegt wurden Vollzeitstellen mit mindestens 5,90 Euro Stundenlohn. Untersucht wurden anhand von knapp 200 Beispielrechnungen unter anderem Einkommen im Wachgewerbe, in der Zeitarbeit, in Call-Centern, im Garten- und Landschaftsbau und in der Gastronomie sowie verschiedene Haushaltstypen.

Schneider erläuterte, die geringsten Abstände zwischen Sozialleistungen und Lohn seien bei kinderlosen Paaren gefunden worden. Familien könnten hingegen zu einem niedrigen Einkommen ergänzend den Kinderzuschlag sowie Wohngeld beantragen, um nicht auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen zu sein. Dem Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler warf Schneider vor, diese zusätzlichen Leistungen in seinen Einkommenstabellen gezielt wegzulassen. Bis zu 550 Euro Wohngeld und Kinderzuschlag seien in den Berechnungsbeispielen ignoriert worden, so Schneider. Das verfälsche die Ergebnisse und die Debatte über das Lohnabstandsgebot.

Kinderzuschlag verbessern

Schneider forderte die Bundesregierung auf, den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und Hartz-IV-Regelsätze so zu berechnen, dass sie das Existenzminimum und die Bildungschancen der Kinder gewährleisten. Stattdessen Niedriglohnempfänger gegen Hartz-IV-Bezieher in Stellung zu bringen, wie es in den Wochen nach dem Urteil geschehen sei, sei infam, sagte Schneider mit Blick auf die Westerwelle-Debatte.

Eine Absenkung der Einkommenssteuer, wie sie vor allem von der FDP angestrebt wird, sei in Bezug auf den Lohnabstand von Geringverdienern zu Hartz-IV-Beziehern "kontraproduktiv", so Schneider. Menschen mit geringen Einkommen zahlten keine oder kaum Steuern. Sie müssten vielmehr bei den hohen Sozialabgaben entlastet werden. Außerdem müsse der Kinderzuschlag verbessert werden, fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Statt 300.000 Kinder könnten durch einen reformierten Zuschlag doppelt so viele Kinder aus dem Hartz-IV-Bezug herausgeholt werden.

Der Kinderzuschlag ist, wie das Wohngeld, eine Leistung, die nur Berufstätigen mit eigenem Einkommen zusteht. Beide Sozialleistungen sollen verhindern, dass Menschen mit geringen Einkommen ihren Lohn durch Hartz-IV-Leistungen aufstocken müssen und dadurch mit Langzeitarbeitslosen ohne Job gleichgestellt würden.

epd