EKD: "Big Brother" beutet Sehnsüchte aus

EKD: "Big Brother" beutet Sehnsüchte aus
Menschen wollen berühmt sein: Doch welcher Weg zum Erfolg ist der Richtige? Petra Bahr, Kulturbeauftragte der EKD, über Anerkennung, einem "Quentchen Berühmheit" und die Verarmung von Bildung.

Das TV-Format "Big Brother" lebt nach Ansicht der Kulturbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, von der elementaren Sehnsucht der Teilnehmer, berühmt zu werden. "Menschen sehnen sich offenbar so sehr nach Anerkennung und einem Quentchen Berühmtheit, dass sie sich freiwillig in ein Gefängnis begeben", sagte Bahr in einem epd-Gespräch. Vielfach werde sozialer Aufstieg nicht mehr über Bildung definiert, sondern darüber, entdeckt, gecastet und anschließend bekannt zu werden.

Trennung von Öffentlichem und Privatem

Auch im zehnten Jahr von "Big Brother" sei es bedenklich, dass Menschen glaubten, durch einen wochenlangen Aufenthalt im TV-Container berühmt werden zu können. "Das ist an sich keine Leistung. Es wird aber so getan, als handele es sich dabei um eine Möglichkeit, Erfolg zu haben", kritisierte Bahr. Auch Casting-Formate wie "Deutschland sucht den Superstar" spielten mit diesen Träumen. "Wir wissen ja mittlerweile, dass das keine fairen Wettbewerbe um die Besten sind."

Insbesondere "Big Brother" lebe von der Idee, Menschen in ihren privatesten Zusammenhängen zuzusehen. Gerade die Trennung von Öffentlichem und Privatem sei jedoch die größte Errungenschaft der Aufklärung, sagte Bahr. "Menschen haben lange dafür gekämpft. Es leuchtet mir einfach nicht ein, dass man das freiwillig preisgibt, nur weil es Leute gibt, die diese Grenze mit Füßen treten."

Vorwurf, Menschenwürde zu verletzen

Es gebe aber immer wieder auch gelungene Beispiele für Casting-Formate, wie zum Beispiel der von Stefan Raab präsentierte Eurovisions-Vorentscheid "Unser Star für Oslo" auf ProSieben und in der ARD. "Raab ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Fernsehen, das seinem öffentlichem Auftrag gerecht wird, überhaupt nicht spießig und langweilig sein muss", sagte Bahr.

"Big Brother" wurde in Deutschland erstmals am 1. März 2000 vom Privatsender RTL II ausgestrahlt. In der sogenannten Real-Life-Soap wurden zehn Kandidaten rund um die Uhr gefilmt. Das Fernsehpublikum stimmte regelmäßig darüber ab, welcher der Kandidaten die Show verlassen muss. Der Gewinner, der gut 100 Tage im Container durchgehalten hatte, erhielt schließlich 250.000 Mark. Der Sendung wurde vorgeworfen, die Menschenwürde zu verletzen, was ihr schon vor dem Sendestart große Aufmerksamkeit verschafft hatte. Am 11. Januar 2010 startete RTL II die zehnte Staffel.

epd