Diakonie will breite politische Debatte über Armut

Diakonie will breite politische Debatte über Armut
Der Kampf gegen Armut steht nach Ansicht von Europaparlaments-Präsident Jerzy Buzek im Zentrum des europäischen Einigungsprozesses. Das Versprechen eines besseren Lebens für alle sei das Herzstück des politischen Europa, sagte der frühere polnische Ministerpräsident am Freitag in Berlin beim Jahresempfang des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland. Begonnen werden müsse bei den Schwächsten.

"Der Kampf gegen Armut ist nicht nur eine ethische Herausforderung, er ist im Interesse unserer Gesellschaften", sagte Buzek. Von der Europäischen Union würden in diesem Jahr mindestens 13 Millionen Menschen Nahrungsmittel-Hilfe im Wert von 500 Millionen Euro erhalten.

Im "Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" 2010 will die Diakonie das Thema Armut stärker in die politische Debatte einbringen. "Armutsverhinderung braucht einen breiten gesellschaftlichen Konsens", sagte Diakonie-Präsident Klaus-Dieter Kottnik. Dieser Konsens sei eine wichtige Aufgabe der Diakonie und der Freien Wohlfahrtspflege.

Von der Leyen will Hartz-IV-Urteil schnell umsetzen

Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte an, die Bundesregierung wolle die für Dienstag erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz-IV-Sätzen für Kinder rasch umsetzen. "Wir wollen das Urteil annehmen." In Deutschland seien 2,4 Millionen Kinder von Armut betroffen, sagte sie beim Jahresempfang des Diakonischen Werks.

Diakonie-Präsident Kottnik erklärte, das Karlsruher Urteil werde mit Spannung erwartet. Die Rechtsstellung armer Menschen habe sich in den letzten Jahren laufend verschlechtert. Die Bibel formuliere aber einen Rechtsanspruch auf Barmherzigkeit und Zuwendung. Dass es viele Arme gebe und sie ständig in ihrer Würde verletzt würden, "muss uns umtreiben". "Das kann kein Zustand sein, den wir einfach hinnehmen", sagte Kottnik.

Die erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgt auf ein Urteil des Bundessozialgerichts, das die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder als verfassungswidrig bezeichnet hatte. Diese Entscheidung orientierte sich Kottnik zufolge im Wesentlichen an einer Untersuchung des Diakonischen Werks.

1,4 Millionen Euro für Initiativen gegen Ausgrenzung und Armut

Ministerin von der Leyen sagte, Armut sei nicht nur ein Problem für die Betroffenen, sondern ein gesellschaftliches Problem. Das Thema Armut müsse von der gesamten Gesellschaft angenommen werden. Man dürfe sich nicht mit dem Hinweis auf den Sozialstaat abwenden.

Im Rahmen des "Europäischen Jahres 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" erhalten in Deutschland 40 Initiativen von der EU und dem Bundessozialministerium insgesamt 1,4 Millionen Euro zur Armutsbekämpfung. Das Diakonische Werk ist der evangelische Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege. Bundesweit sind 450.000 Menschen hauptamtlich in diakonischen Einrichtungen beschäftigt. Die Arbeit wird unterstützt von 400.000 ehrenamtlichen Helfern.

epd