Maria Jepsen: Deutschlands erste Bischöfin wird 65

Maria Jepsen: Deutschlands erste Bischöfin wird 65
Es war eine Sensation, als Maria Jepsen im Jahr 1992 in Hamburg zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt wurde. Am 19. Januar wird sie 65 Jahre alt, doch ans Aufhören denkt Jepsen noch nicht.
19.01.2010
Von Klaus Merhof

Fast 18 Jahre lang ist die aus Schleswig-Holstein stammende Geistliche jetzt schon Bischöfin, mehr als ein Viertel ihrer Lebenszeit und länger als alle andere evangelischen Bischöfe in Deutschland. Ihr Jubiläum am Dienstag empfindet sie nicht als "runden Geburtstag" - und ans Aufhören denke sie noch lange nicht. Ihre Amtszeit ende erst im Sommer 2012. Aber der Eintritt ins Seniorenalter schenke ihr Unabhängigkeit: "Wenn man selber nichts mehr erreichen muss, kann man freier die Erwartungen für andere formulieren."

"Wie Kinder fromm und fröhlich sein", beschreibt Maria Jepsen ihr Lebensmotto, das sie dem berühmten Lied "Der Mond ist aufgegangen" von Matthias Claudius entnommen hat. Anfang April 1992 war sie im Hamburger Michel zur weltweit ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin gewählt worden. Diese Sonderstellung behielt sie in Deutschland sieben Jahre lang: Erst 1999 wurde Margot Käßmann in Hannover als zweite Frau Bischöfin, im gleichen Jahr folgte Bärbel Wartenberg-Potter, die ebenso wie Jepsen in der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche ihren Dienst tat.

In Bad Segeberg geboren

1945 als Maria Bregas in Bad Segeberg geboren, studierte sie nach dem Abitur Altphilologie und Theologie in Tübingen, Kiel und Marburg. Von 1972 bis 1990 war sie Pastorin im schleswig-holsteinischen Meldorf und Leck, 1991 übernahm sie im damaligen Kirchenkreis Harburg als erste Frau in Nordelbien das Propstamt. Schon damals war sie also Vorreiterin.

Wenn es ein Prinzip ihres Amtsstil geben sollte, dann ist dies ihre persönliche Präsenz. "Sprachfähig sein und zuhören können - das ist mir wichtig", sagt sie. Stets sucht sie das direkte Gespräch, unermüdlich ist sie in der Stadt unterwegs. Neben den offiziellen Terminen und Sitzungen, Veranstaltungen und Jubiläen gelten die Besuche vor allem sozialen oder diakonischen Einrichtungen und Gruppen an der Kirchenbasis. Aidshilfe, Hospize, Kitas, Krankenhäuser, Obdachlosenunterkünfte: Kirche müsse auch "Stimme der Stummen sein".

Interkulturelle Gemeinschaft pflegen

Zu ihrem Geburtstag wünscht sie sich daher auch "einen noch intensiveren Ausbau lokaler Nachbarschaft". Dem gemeinsamen Leben im Quartier komme angesichts der Globalisierung eine zunehmende Bedeutung zu. "Die eigenen vier Wände verlassen und gemeinsam mit anderen den Stadtteil und die Gemeinde gestalten: Das wird das Zukunftsthema sein, für Jung und Alt", sagt sie. Dabei solle man keinesfalls "nur feiern und Kaffee trinken", sondern gemeinsam Probleme anpacken und die interkulturelle Gemeinschaft pflegen: Stadtteilzentren gründen, Schularbeitenhilfe leisten, Sprachkurse anbieten, Lehrstellensuche organisieren, Randgruppen einbinden, Gottesdienste halten.

Vor allem die Erfahrungen älterer Menschen müssten in diese Nachbarschaftsarbeit noch stärker einbezogen werden. "Viele fallen mit der Rente in ein tiefes Loch", sagte Jepsen. Dabei würden die Älteren über große Potenziale an Zeit und Wissen verfügen. Allerdings gebe es bereits "viele gute Projekte" wie Patenschaften und regelmäßige Besuche von Kindergruppen in Altenheimen: "Dafür möchte ich um noch mehr Mut und Unterstützung werben", sagt die Bischöfin. Eine gute Basis dafür sei auch das Hamburger Modell des "Religionsunterrichts für alle", den sie aktiv unterstützt.

Ökumene: Rat zur Gelassenheit

Auch in der Ökumene und im interreligiösen Gespräch komme es darauf an, direkt miteinander zu reden, nicht übereinander. Manche Kontroversen, etwa der Muezzinruf in Hamburg oder die Irritationen zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und der neuen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann würden viel zu aufgeregt öffentlich diskutiert: "Ich rate da stets zur Gelassenheit." Dem Metropoliten von Sankt Petersburg, den sie regelmäßig trifft, habe sie sogleich einen Brief geschrieben: "Die Beziehungen sind nach wie vor herzlich und ausgezeichnet - und das wird so bleiben."

epd