Schlagabtausch im Bundestag vor Kopenhagen-Konferenz

Schlagabtausch im Bundestag vor Kopenhagen-Konferenz
Die am Montag beginnende Weltklimakonferenz in Kopenhagen wirft ihre Schatten voraus. Kanzlerin Merkel ermahnte die Schwellenländer, die Opposition rüffelte die Bundesregierung. Ob in Kopenhagen eine Einigung auf eine wirksame Senkung des weltweiten CO2-Ausstoßes gelingt, ist mehr als fraglich.

Wenige Tage vor Beginn des Klimagipfels in Kopenhagen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Schwellenländer zu verstärktem Klimaschutz aufgefordert. Die Industrieländer alleine könnten die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs nicht schaffen, sagte die Kanzlerin bei einem Treffen mit Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva am Donnerstag in Berlin. Im Bundestag lieferten sich Regierung und Opposition einen Schlagabtausch über die deutsche Klimapolitik. Umweltschützer forderten mehr Druck auf die USA bei den Verhandlungen.

Für einen Erfolg in Kopenhagen sei ein Beitrag aller Länder notwendig, unterstrich Merkel. "Die Schwellenländer sind hier auch in der Verantwortung." Positiv hob sie die Bemühungen der brasilianischen Regierung hervor. "Brasilien nimmt diese Herausforderung an", sagte sie mit Blick auf das Ziel von Präsident Lula da Silva, die Entwaldung im Amazonasgebiet zu reduzieren.  "Wir werden alle Kraft daran setzen, dass Kopenhagen ein wichtiger Schritt nach vorne wird", betonte Merkel. Beim Klimagipfel vom 7. bis 18. Dezember müsse sich die Staatengemeinschaft insbesondere zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf zwei Grad verpflichten.

Röttgen verstrahlt Optimismus

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte im Bundestag, der Erfolgswille aller Beteiligten sei sichtbar vorhanden. Für Meldungen, die bereits ein Scheitern der Konferenz vorhersagten, oder für Überlegungen, die Einigung auf Klimaschutzziele zu vertagen, habe er kein Verständnis. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mehrfach erklärt, sie erwarte verbindliche Klimaziele erst für 2010. Der Umweltminister begrüßte die Trendumkehr in den USA. Die USA haben sich erstmals auf eine Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes im eigenen Land verpflichtet. Angesichts der geringen Reduktionsmenge von vier Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 betonte Röttgen, dass die Obama-Regierung nicht acht Jahre rückgängig machen könne, in denen der Klimaschutz in der US-Politik keine Rolle gespielt habe.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier appellierte an die Bundesregierung, die USA in Kopenhagen zu ermutigen, höhere Reduktionsziele zuzusagen. Das bisherige Angebot reiche nicht aus, um zu einer anspruchsvollen Vereinbarung beim Klimagipfel zu kommen. Er warf der Regierung vor, durch ihr Festhalten an der Atomkraft wertvolle Zeit für den Klimaschutz zu verlieren. Steinmeier erinnerte Union und FDP daran, dass sie Klimaschutzmaßnahmen der rot-grünen Regierung wie Atomausstieg, Ökosteuer und Kraft-Wärme-Kopplung jahrelang bekämpft hätten.

Grüne verlangen deutsche Angebote

Auch die Vorsitzende des Umweltausschusses, Eva Bulling-Schröter (Linke), kritisierte die Energiepolitik der Bundesregierung. Wie unter den Vorgängerregierungen werde eine "Politik pro Kohle, pro Auto und pro Großkonzerne" gemacht. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast forderte die Bundesregierung auf, ohne Vorbedingungen beim Klimagipfel in Vorleistung zu treten. Dazu gehörten konkrete Finanzzusagen für die Entwicklungsländer. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) warb für einen fairen Interessenausgleich zwischen Nord und Süd. Die Entwicklungsländer würden nur dann beim internationalen Klimaschutz mitziehen, wenn sie verlässliche und planbare Unterstützung bekämen.

Die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam Deutschland und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderten die Industrieländer auf, ihre Angebote zur CO2-Reduktion deutlich nachzubessern. Deutschland und die Europäische Union stünden in der Verantwortung, bis zuletzt auf ein rechtlich verbindliches Abkommen hinzuarbeiten und von den USA stärkere Klimaziele zu fordern. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) demonstrierte vor dem Bundeskanzleramt für den seiner Ansicht nach völlig vernachlässigten Moorschutz im Kampf gegen den Klimawandel.

"Gebot der Menschenrechte"

Die Menschenrechtsorganisation FIAN mahnte, die Senkung des CO2-Ausstoßes in Industrieländern sei ein Gebot der Menschenrechte. "Steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster sowie häufigere Stürme und Überschwemmungen werden in vielen Gegenden der Welt die Landwirtschaft und die Verfügbarkeit von Trinkwasser erheblich beeinträchtigen", erklärte Teresa Schulze von FIAN am Donnerstag in Köln. Zur Kopenhagener Konferenz werden Vertreter von mehr als 190 Staaten sowie insgesamt rund 10.000 Teilnehmer erwartet.

epd