Verbände wenden sich gegen Betreuungsgeld-Pläne

Verbände wenden sich gegen Betreuungsgeld-Pläne
Gemeinsam gegen Betreuungsgeld: Verbände und Gewerkschaften fordern Aufgabe der schwarz-gelben Pläne. Eine Expertin warnt zudem, das Betreuungsgeld schade vielen Kindern letztlich.

Das von der schwarz-gelben Koalition geplante Betreuungsgeld führt nach Auffassung der Bremer Vorschulexpertin Ilse Wehrmann zu weniger Bildungsgerechtigkeit. "Betreuungsgeld würde dazu führen, dass viele bildungsferne Eltern ihr Kind lieber zu Hause behalten", warnte Wehrmann am Montag in einem Gespräch mit dem epd.

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Gerade bildungsferne Eltern müssten möglichst früh für Vorschuleinrichtungen gewonnen werden, sagte Wehrmann. "Eine völlige Fehlentscheidung" sei in diesem Zusammenhang auch die geplante Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro. "Deutschland hat in Europa das höchste Kindergeld und die schlechteste Vorschul-Infrastruktur", kritisierte die frühere Vorsitzende der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder.

Kinderkasse soll Entwicklung der Kinder fördern

Eltern und Kinder profitierten am meisten von guten Krippen und Tagesstätten, betonte Wehrmann. Vereinbart sei außerdem, dass bis 2013 für 35 Prozent der unter Dreijährigen ein Krippenplatz angeboten werden könne. "Da fehlt noch viel. Den Ausbau schaffen wir aber niemals, wenn es beim derzeit vorherrschenden Schneckentempo bleibt." Erschwert werde die Situation durch die wegbrechende Finanzkraft der Kommunen.

Wehrmann schlug vor, 15 Euro vom Kindergeld abzuzweigen und in eine Kinderkasse von Bund, Ländern und Gemeinden einzuzahlen: "Damit könnten wir ein regelrechtes Bildungs-Konjunkturprogramm und mehr Personal in den Einrichtungen finanzieren." International komme auf drei unter Dreijährige eine Erzieherin, in Deutschland seien es je nach Bundesland und Kommune zehn oder gar zwölf Kinder auf eine Pädagogin: "Das hat direkten Einfluss auf die Entwicklung der Kinder."

Offener Brief: Betreuungsgeld widerspricht moderner Gesellschaft

In einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler forderten 16 Verbände und Gewerkschaften die Aufgabe der Pläne für ein Betreuungsgeld. Stattdessen müsse der Ausbau der Kinderbetreuung höchste Priorität bekommen. Das Betreuungsgeld widerspreche einer modernen Gesellschaft, schreiben die Verbände, darunter pro familia, die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen, Ver.di, die GEW und der DGB. Eltern dürften weder honoriert, noch bestraft werden, wenn sie ihre Kinder in den Kindergarten geben. Genauso wenig dürfe der Staat durch ein Gutscheinsystem unterstellen, einkommensschwache Eltern könnten nicht haushalten.

Im Jahr 2013, wenn das Betreuungsgeld eingeführt werden soll, seien voraussichtlich nicht genug Betreuungsplätze für Kleinkinder vorhanden, monieren die Verbände. Daher müsse das Betreuungsgeld gestrichen und stattdessen mehr Geld in den Krippenausbau und die Tagesbetreuung investiert werden. Das umstrittene Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro im Monat soll ab 2013 an Eltern gezahlt werden, die ihre Kinder bis zum Alter von drei Jahren nicht in eine Betreuung geben.
 

epd