Abdullah: Aus dem Rennen - aber nicht für immer

Abdullah: Aus dem Rennen - aber nicht für immer
Das Anwesen von Abdullah Abdullah in der afghanischen Hauptstadt Kabul erzählt viel über die Geschichte seines Bewohners. In einem Zimmer, das man vom großzügigen Garten aus erreicht, sind gerahmte Fotos aus Abdullahs Zeit als Außenminister seines Landes zu sehen. Abdullah mit dem damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan etwa, oder das Bild mit seinem US-Amtskollegen Colin Powell.
02.11.2009
Von Can Merey

2006 endete Abdullahs Auftritt auf der Bühne der Weltpolitik abrupt, als Präsident Hamid Karsai ihn aus dem Kabinett entließ. Abdullah war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal in Kabul, sondern in Washington. Vergessen haben wird er die Demütigung bis heute nicht.

Noch aussagekräftiger für Abdullahs Werdegang als die Fotos mit den internationalen Spitzenpolitikern aber ist ein großes Wandgemälde im Wohnzimmer. Es zeigt den jungen Abdullah, Haare und Bart sind noch schwarz und nicht ergraut. Der Augenarzt sitzt unter einem Baum neben dem militärischen Anführer der Nordallianz, Ahmad Schah Massoud, den El-Kaida-Attentäter kurz vor den Anschlägen vom 11. September 2001 ermordeten. Massoud hat den Zeigefinger der rechten Hand erhoben, in der linken hält er ein Buch. Junge Afghanen sitzen vor vor ihm und lauschen seinen Worten, Abdullah scheint mit einer Mischung aus Respekt und Bewunderung auf Massoud zu blicken.

Abdullah setzte auf Volkshelden

Massoud war es, der nicht nur den sowjetischen Besatzern, sondern auch den Taliban Widerstand leistete. Inzwischen gilt er als Volksheld - zumindest bei jenen Afghanen, die sich nicht wieder den Taliban angeschlossen haben oder zumindest mit den Aufständischen sympathisieren. Abdullah setzte im Wahlkampf auf die Ikone und betonte immer wieder seine enge Verbindung zu dem Nationalhelden, er nannte sich "Langzeit-Berater" und "enger Begleiter" Massouds.

Abdullah war der klare Kandidat der Nordallianz - die bei der Bevölkerungsmehrheit der Paschtunen, aus denen sich die Taliban rekrutieren, wenig Stimmen zieht. Dass der Ex-Außenminister im Wahlkampf seinen paschtunischen Vater anführte, half da nicht viel. Die meisten Paschtunen wählten Karsai, der einer der ihren ist. Karsai ging daher auch als klarer Favorit ins Rennen. Dennoch gelang es Abdullah als einzigem Herausforderer des Amtsinhabers, die Massen bei seinen Auftritten zu mobilisieren.

"Alle Afghanen von allen Stämmen wollen Wandel"

"Alle Afghanen von allen Stämmen wollen eines, den Wandel", rief Abdullah am Ende des Wahlkampfs Tausenden Anhängern in Kabul zu. "Ich habe euch immer gesagt, wählt mich, damit ich euch die Macht zurückgeben kann." Karsai kam in dieser letzten großen Ansprache Abdullahs im Wahlkampf 2009 nicht ungeschoren davon. "Wenn es keinen Wahlbetrug gibt, dann wird das Volk gewinnen", sagte der Herausforderer. "Wenn eure Stimme nicht gestohlen wird, dann werdet ihr dieser korrupten Regierung ein Ende bereiten."

Dieses Ziel, so viel scheint sicher, hat Abdullah verfehlt. Auch wenn der Ex-Außenminister bei der ersten Wahlrunde mit gut 30 Prozent respektabel abschnitt, lag er am Ende deutlich hinter Karsai - selbst nach Abzug der gefälschten Stimmen, die vor allem für den Präsidenten abgegeben worden waren. Als Abdullah am Sonntag im Zelt der Großen Ratsversammlung (Loja Dschirga) in Kabul vor mehreren hundert Anhängern seinen Rückzug aus der Stichwahl bekanntgab, weil er erneut Wahlbetrug des Karsai-Lagers befürchtete, schien er zeitweise den Tränen nahe. Dennoch: Der dramatische Schritt muss nicht das politische Ende Abdullahs gewesen sein.

Doch noch Zusammenarbeit mit Karsai?

Eine Zusammenarbeit mit Karsai, die der Amtsinhaber zwar bislang ablehnt, den aber die Staatengemeinschaft gerne sähe, schloss Abdullah am Sonntag anders als im Wahlkampf nicht kategorisch aus. "Ich schließe keine Türen", sagte er. Und dann steht 2014 die nächste Präsidentschaftswahl in Afghanistan an. Abdullah wäre mit Mitte 50 immer noch im besten Alter für eine erneute Kandidatur.

dpa