Bundestag beschließt Mindestlohn

Bundestag beschließt Mindestlohn
Nach monatelangen zähen Verhandlungen in der großen Koalition ist die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns beschlossene Sache. Der Bundestag stimmte am Donnerstag mit großer Mehrheit der Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde zu.

Rund vier Millionen Menschen sollen laut Arbeitsministerium direkt vom Mindestlohn profitieren. Damit wollen die Regierungsparteien eine Wende in der Arbeitsmarktpolitik einläuten. Opposition und Gewerkschaften kritisieren die Ausnahmen für Praktikanten, Langzeitarbeitslose, Erntehelfer oder Zeitungsboten.

In der namentlichen Abstimmung im Bundestag votierten 535 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, fünf stimmten dagegen. 61 Abgeordnete enthielten sich. Von Union und SPD war zuvor breite Zustimmung signalisiert worden. Auch die Grünen wollten für den Gesetzentwurf stimmen. Die Linke wollte sich enthalten. Ab 1. Januar 2015 gilt der Mindestlohn für alle Branchen und alle Arbeitnehmer ab 18 Jahren.

Minderjährige bekommen keinen Mindestlohn

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sprach von einem "Meilenstein in der Arbeits- und Sozialpolitik". Das Gesetzespaket sei von herausragender Bedeutung für Millionen Arbeitnehmer, die endlich einen anständigen Lohn bekommen würden. Nahles bekräftigte, dass beim Mindestlohn keine Branche ausgenommen werde. Nur für junge Leute unter 18 Jahren gelte die Lohnuntergrenze nicht. Dadurch solle verhindert werden, dass sie sich gegen eine Ausbildung und für einen Job zu entscheiden, nur weil sie dort mehr verdienen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) rechnet damit, dass der Mindestlohn die Lebenssituation vieler Familien verbessert.

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Der arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Karl Schiewerling (CDU), hob die Bedeutung der Mindestlohnkommission hervor. Sie soll künftig über die Höhe der Lohnuntergrenze entscheiden. "Der Mindestlohn per Parlamentsabstimmung wird jetzt einmalig und letztmalig erfolgen", erklärte der CDU-Politiker.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bezeichnete das Gesetz als Erfolg für den Schutz von Arbeitnehmern vor Niedriglöhnen. Er begrüßte zudem die Sondervereinbarungen für Erntehelfer. Generelle Ausnahmen für sie lehnte er jedoch ab. "Den Mindestlohn für Erntehelfer zu begrenzen, wäre eine rechtlich nicht haltbare Diskriminierung", erklärte Schmidt.

Zollbeamte sollen prüfen, ob Firmen genug Geld zahlen

Scharfe Kritik an den Vereinbarungen kam von der Opposition. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Klaus Ernst, rügte, dass Minderjährige nicht vom Mindestlohn profitieren sollen. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Brigitte Pothmer, bezeichnete die Langzeitarbeitslosen als "Bauernopfer" bei den Sonderregeln. Sie haben in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung kein Anrecht auf den Mindestlohn. Dadurch würden über eine Million Menschen stigmatisiert, beklagte Pothmer. Für ver.di-Chef Frank Bsirske wird der Mindestlohn durch die Sonderregeln "amputiert". Er kritisierte vor allem die Übergangsfristen für Zeitungsboten ohne Tarifvertrag.

Arbeitsministerin Nahles bestätigte das Vorhaben der großen Koalition, rund 1.600 neue Zollbeamte einzustellen, die die Einhaltung der Lohnuntergrenze überprüfen sollen. Mit dieser Kontrolle werde ein fairer Wettbewerb ermöglicht, unterstrich die Ministerin. Die Caritas begrüßte die Prüfungen, forderte gegenüber dem epd jedoch generell ein Umdenken, was den Wert der Arbeit angeht. Das Hilfswerk rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Schwarzarbeit.

Für bestimmte Branchen mit Tarifvertrag gibt es eine Übergangsfrist bis 2017. Bis zuletzt hatten Union und SPD über Sondervereinbarungen für Praktikanten, Langzeitarbeitslose, Saisonarbeiter und Zeitungsboten gerungen. Ab 2016 wird eine Kommission über die weitere Gestaltung des Mindestlohns entscheiden.