Streit um Bildungsplan: Kretschmann trifft sich mit Evangelikalen

Streit um Bildungsplan: Kretschmann trifft sich mit Evangelikalen
Im Streit um den baden-württembergischen Bildungsplan, der für die "Akzeptanz sexueller Vielfalt" an Schulen wirbt, haben sich erstmals Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Vertreter evangelikal-pietistischer Organisationen zum Austausch getroffen.

Bei der Unterredung am Donnerstagabend verteidigte der Grünen-Politiker Kretschmann das Vorhaben seiner Regierung, das Thema künftig an den Schulen intensiver und fächerübergreifend zu behandeln, sagte der Vorsitzende des Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Württemberg, Pfarrer Steffen Kern, am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

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Die konservativen Kirchenvertreter kritisierten in dem Gespräch den Angaben zufolge eine angeblich einseitige Fokussierung im Bildungsplan auf das Thema Sexualität. Behinderte, Migranten, alte Menschen und Angehörige verschiedener Religionen seien in viel größerer Zahl Diskriminierungen ausgesetzt, hieß es. Der stark an biblischen Aussagen orientierte Evangelische Gemeinschaftsverband Württemberg ist ein freies Werk innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er hat seine Wurzeln im 19. Jahrhundert.

Nach Ansicht der evangelikalen Christen und Pietisten sei sexuelle Vielfalt nicht in gleicher Weise normgebend wie die Ehe von Mann und Frau. Sie forderten die Landesregierung daher auf, auch das traditionelle Bild der Ehe zwischen Mann und Frau im Schulunterricht zu vermitteln und in den Bildungsplan aufzunehmen.

Kretschmann sagte dem Staatsministerium zufolge zu, in Baden-Württemberg werde es keinen "Gesinnungsplan" geben. Man wolle den Schülern aber deutlicher als bisher Wertschätzung, Toleranz und Weltoffenheit nahebringen. Kirchen und Religionsgemeinschaften sollten im weltanschaulich neutralen Staat "für ihre Sache werben und den Menschen vermitteln, wie sie aus ihrer Sicht moralisch korrekt leben sollen", empfahl der Ministerpräsident. 

Bildungsplan wird noch überarbeitet

Die Begegnung war auf Initiative des Staatssekretärs im Wirtschafts- und Finanzministerium, Ingo Rust (SPD), zustande gekommen. Rust sagte dem epd, man sei sich im Gespräch einig gewesen, dass an den Schulen mehr für Toleranz getan werden müsse, auch für Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung. Der Bildungsplan sei aber noch im Stadium eines Arbeitspapiers und werde überarbeitet, bevor man ihn dem Landtag zu Anhörung und Abstimmung vorlege.

Der Entwurf zum baden-württembergischen Bildungsplan 2015 sieht vor, dass in Schulen künftig für die "Akzeptanz sexueller Vielfalt" geworben wird. Dabei sollen Themen wie Homosexualität, Bi- und Transsexualität im Unterricht intensiver und fächerübergreifend behandelt werden. Das Papier hatte zu einer Online-Petition gegen das Projekt geführt, die von mehr als 192.000 Menschen unterschrieben wurde. Zwei befürwortende Petitionen erhielten knapp 140.000 und 92.000 Unterschriften.

Am Gespräch nahmen von kirchlicher Seite unter anderen Tabea Dölker, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Hartmut Steeb, Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, teil.