Saarbrücken will keine "Rotlicht"-Metropole sein

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Rote Lippen erstrahlen im Neonlicht - dieses Symbol an der Hauswand eines Etablissements weißt darauf hin, dass hier Prostituierte arbeiten.
Saarbrücken will keine "Rotlicht"-Metropole sein
In Sachen Prostitution ist Deutschland im Vergleich zu manchen Nachbarländern liberaler. In Frankreich und Luxemburg sind Bordelle verboten. Auf französischer Seite müssen Freier bald Strafe in Höhe von 1.500 Euro zahlen, wenn sie sich beim Kauf von Sex erwischen lassen. Von daher wundert es nicht, dass so mancher gerne Prostituierte im grenznahen Saarbrücken besucht. Doch jetzt wehrt sich die gut 180.000 Einwohner zählende Stadt: Sie will kein Ziel für Sextouristen sein.
22.02.2014
epd
Wulf Wein

Seit dieser Woche sind Pläne bekannt, dass Saarbrücken den Sperrbezirk der Straßenprostitution ausweiten wird: Statt wie bisher auf Straßen mit 547 Kilometer Länge soll das horizontale Gewerbe künftig nur noch auf drei Straßenabschnitten von 2,8 Kilometer Länge und dann meist auch nur nachts erlaubt sein.

Im Frühjahr soll die Verordnung in Kraft treten. Dann dürfen sich Prostituierte - mit Ausnahme rund um ein soziales Projekt für Drogenabhängige - nur noch zwischen 20.00 und 6.00 Uhr im Winter und zwischen 22.00 und 6.00 Uhr im Sommer an drei Stellen in der Stadt an die Straße stellen. Überwachen soll das die Polizei.

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Mit geschätzten 800 bis 1.000 Prostituierten, von denen bis zu 200 Frauen auf dem Straßenstrich arbeiten, hat das Geschäft mit dem käuflichen Sex für Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) "unerträgliche Ausmaße angenommen". Vor allen die aggressive Werbung für den schnellen Sex am Straßenrand führe immer öfter zu Beschwerden von Bürgern, die sich belästigt fühlen.

Die Frauen arbeiten oft zum Billigpreis von 20 bis 30 Euro für Geschlechtsverkehr. Viele von ihnen kommen aus Bulgarien und Rumänien.

Der Verein Solwodi Deutschland kämpft gegen Sextourismus und Menschenhandel. Schwester Lea Ackermann, Gründerin und Vorsitzende von Solwodi, bestätigt, dass die Prostitution in Saarbrücken wesentlich durch das Verhältnis zu Frankreich bestimmt werde. "In Frankreich wird Prostitution prohibitiv gehandhabt, viel weniger liberal als in Deutschland." Eine Stadt könne aber sehr wohl auch sagen: "Wir sind dagegen, wir wollen das nicht." Und sie könne Schritte unternehmen, wie es die Oberbürgermeisterin nun tue.

Debatte läuft schon seit August

Die Debatte über das Rotlicht-Milieu stieß Oberbürgermeisterin Britz im August an. Sie bat die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in einem Brief, die rechtlichen Voraussetzungen zur Eindämmung der Prostitution in Saarbrücken zu schaffen. Sie fordert auch die Möglichkeit, eine kommunale "Sex-Steuer" einführen zu können. Die von SPD und CDU geführte Landesregierung setzte daraufhin eine Arbeitsgruppe ein.

Kramp-Karrenbauer befürwortet zudem die Überarbeitung des unter Rot-Grün verabschiedeten Prostitutionsgesetzes von 2002. Sie schlägt eine Genehmigungspflicht für Bordelle vor, mit dem Ziel, Betriebe nicht zuzulassen, die bestimmte Anforderungen nicht erfüllen. Damit könne verhindert werden, dass Frauen "in einem Zustand der Sklaverei leben", meint sie.

Pläne, eine Erotiksteuer einzuführen, habe Saarbrücken nach den Erfahrungen anderer Städte nun aber zurückgestellt, erklärte in Saarbrücken Dezernent Jürgen Wohlfahrt. So sei etwa in Trier und Köln nach der Einführung einer solchen Abgabe die Prostitution nicht erkennbar zurückgegangen.

Forderung nach Gesetzesreform

Kramp-Karrenbauer und Britz gehören zu den Unterzeichnerinnen eines von Frauenrechtlerin Alice Schwarzer initiierten Appells, "das System Prostitution langfristig abzuschaffen" sowie die Freier zu ächten.

Die große Koalition in Berlin plant eine Reform des Prostitutionsgesetzes. Bordelle sollen wieder schärfer kontrolliert werden und die dort arbeitenden Frauen mehr Rechte erhalten. Zudem soll die Zwangsprostitution zurückgedrängt werden, indem Kunden bestraft werden könnten, die die Lage verschleppter Frauen "wissentlich und willentlich ausnutzen".

Für Solwodi-Vertreterin Ackermann ist das ein erster Schritt, der aber noch nicht weit genug gehe: Langfristig setze sich ihr Verein für ein Europa ohne Prostitution ein.