Friedliches Gedenken in Dresden

Menschenkette in Dresden
Foto: dpa/Jan Woitas
Mit einer Menschenkette erinnerten Dresdens Bürger an die Zerstörung der Stadt vor 69 Jahren und setzten gleichzeitig ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.
Friedliches Gedenken in Dresden
Erstmals seit vielen Jahren erinnert die Stadt Dresden am 13. Februar ohne Neonazi-Aufmärsche an ihre Zerstörung vor 69 Jahren. Präsent sind die Rechtsextremisten aber dennoch.

Rund 11.000 Menschen haben sich am Donnerstag in Dresden mit einer Menschenkette gegen Krieg, Rechtsextremismus und Intoleranz gewandt. Am Abend umschlossen die Teilnehmer Hand in Hand die Altstadt, um an die Zerstörung Dresdens vor 69 Jahren zu erinnern. Dazu aufgerufen hatte ein bürgerliches Bündnis aus Stadt, Kirchen, Parteien und Verbänden. Bei den schweren Bombenangriffen der Alliierten auf Dresden kamen zwischen dem 13. und dem 15. Februar 1945 rund 25.000 Menschen ums Leben.

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In Erinnerung an das Leid im Zweiten Weltkrieg hatten am Donnerstag zahlreiche Gedenkveranstaltungen in ganz Dresden stattgefunden. Zur zentralen Feier hatte die Stadt auf den Heidefriedhof eingeladen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Oberbürgermeisterin Helma Orosz (beide CDU) sowie weitere Vertreter der Stadt und der Landesregierung sowie von Kirchen und Verbänden legten dort weiße Rosen nieder. Orosz rief dazu auf, "den alten neuen Nazis entgegenzutreten".

Überschattet wurde das Gedenken von einer Kranzniederlegung der rechtsextremen NPD. Rund 80 NPD-Vertreter, darunter Mitglieder der Landtagsfraktion, nahmen daran teil. Am Vorabend war es Neonazis erstmals Mal seit Jahren wieder gelungen, mit Fackeln durch die Altstadt zu marschieren - unter Protest aufgebrachter Bürger und Gegendemonstranten.

Ministerpräsident: "In Dresden und in ganz Sachsen ist kein Platz für Rechtsextreme"

An einem zeitgleich vom Blockade-Bündnis "Dresden Nazifrei" initiierten "Mahngang Täterspuren" zu Orten des NS-Unrechts beteiligten sich rund 2.000 Menschen. Die Aktion richtete sich nicht zuletzt gegen die Vereinnahmung des Gedenkens durch Neonazis. Die hatten den 13. Februar in der Vergangenheit immer wieder für ihre Propaganda missbraucht. In diesem Jahr war eine für den Donnerstag geplante Kundgebung kurzfristig abgesagt worden. Damit fand an diesem Tag erstmals seit 1999 keine angemeldete Neonazi-Demonstration statt.

Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König wertete dies als Erfolg beharrlicher Gegenwehr. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Dresden, Nora Goldenbogen, warnte allerdings vor verfrühter Erleichterung. Sie verwies auf die spontane Demonstration von 500 Rechtsextremen am Vorabend des 13. Februar. Goldenbogen sieht darin einen Teil der geänderten Strategie der rechten Szene.

"In Dresden und in ganz Sachsen ist kein Platz für Rechtsextreme", sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der an der Menschenkette teilnahm. Der Versuch von Rechtsextremisten, das Gedenken zu instrumentalisieren und die Nazi-Schreckensherrschaft auszublenden, "ist schäbig und unerträglich", verurteilte Tillich rechte Aktionen zum 13. Februar.

Bürgermeisterin: "Dresden war keine unschuldige Stadt"

Die Menschenkette um die Altstadt würdigte Oberbürgermeisterin Orosz als ein "Zeichen, dass wir die Opfer von Krieg, Verfolgung und Völkermord niemals vergessen". Auch werde damit zum Ausdruck gebracht, dass "Dresdens Beitrag am Nationalsozialismus nicht verdrängt" werde. Orosz warnte vor dem Vergessen, "dass es Nazi-Deutschland war, das anderen Völkern und Staaten einen Kampf auf Leben und Tod aufzwang". Die Bürgermeisterin erinnerte daran, dass Dresdner Bürger etwa die Werke angeblich "entarteter" Kunst aus Museen entfernt hatten und dass in der Stadt Zwangsarbeiter ausgebeutet und Waffen produziert wurden.

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"Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, dass Dresden keine unschuldige Stadt war", sagte Orosz. Die Erinnerung daran sei schmerzhaft, aber unumgänglich. Der Weg des Erinnerns sei nicht zu Ende, "so lange die braune Saat an irgendeinem Ort aufgeht und unsere Demokratie und die Würde aller Menschen in Gefahr ist", forderte sie von den Bürgern Engagement gegen Neonazis ein.

Vor der symbolträchtigen Frauenkirche versammelten sich auf dem Neumarkt bis in die Abendstunden hinein Dresdner und Gäste der Stadt zum stillen Gedenken. Aus tausenden Lichtern formten sie auf dem Platz eine fast 20 Meter große Kerze als Zeichen der Toleranz, Verständigung und Versöhnung. Eingeladen dazu hatte die Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche. Zum Zeitpunkt des ersten Angriffs auf Dresden 1945 sollten zudem traditionell um 21.45 Uhr die Kirchenglocken der Stadt läuten.

Die Polizei zog am Abend eine positive Bilanz: die Versammlungen blieben friedlich. Etwa 3000 Polizisten aus ganz Deutschland waren seit Mittwoch im Einsatz. Nach Absage der Neonazi-Kundgebung reisten  im Gegensatz zu früher "weder rechte noch linke Massen an", sagte ein Polizeisprecher.