Lehrer kontra Kultusminister: Streit um "sexuelle Vielfalt" geht weiter

Lehrer kontra Kultusminister: Streit um "sexuelle Vielfalt" geht weiter
In der Debatte über das Thema "sexuelle Vielfalt" im württembergischen Bildungsplan 2015 hat der Initiator einer Internetpetition gegen das Papier seine Kritik bekräftigt.

Der Realschullehrer Gabriel Stängle warf der Stuttgarter Landesregierung am Freitagabend im SWR-"Nachtcafé" vor, das Thema Sexualität in der Bildung herauszuheben, ohne zu sagen, was sie überhaupt unter "sexueller Vielfalt" verstehe. Auf kritische Anfragen etwa zur Wissenschaftlichkeit des Plans sei die Regierung bis heute nicht eingegangen.

Der Entwurf zum baden-württembergischen Bildungsplan 2015 sieht vor, dass in Schulen künftig für die "Akzeptanz sexueller Vielfalt" geworben wird. Dabei sollen Themen wie Homosexualität, Bi- und Transsexualität im Unterricht intensiver und fächerübergreifend behandelt werden. Die Internetpetition dagegen hatte am Wochenende fast 170.000 Unterschriften, eine Gegenpetition dazu mehr als 83.000.

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Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sagte, der Bildungsplan sei noch ein Arbeitspapier und stelle Ehe und Familie als "Grundfeste der Gesellschaft" nicht infrage. Es dürfe aber niemand mit einer anderen sexuellen Orientierung ausgegrenzt werden. Stoch warf dem in der Sendung mitdiskutierenden Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, vor, die Bibel auf "menschenverachtende Art" zu lesen. Jesus Christus habe keinen Menschen weggeschickt. "Der Gott, an den ich glaube, ist der Gott der Liebe", sagte Stoch.

Steeb berichtete von Menschen, die unter ihrer sexuellen Orientierung litten. Diesen dürfe Hilfe nicht verweigert werden. Am Bildungsplan kritisierte der Generalsekretär, dessen Organisation nach eigenen Angaben 1,3 Millionen Unterstützer hat, dass er sich um die Akzeptanz sexueller Vielfalt bemühe, aber den grundgesetzlich geforderten Schutz der Familie nicht einmal erwähne. Die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare lehnte Steeb mit Hinweis auf ein Wort des früheren württembergischen Landesbischofs Theo Sorg ab: Die Kirche könne nicht segnen, was Gott nicht segne.

Die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Chefredakteurin der Berliner "tageszeitung", Ines Pohl, unterstützte das Anliegen des Bildungsplans. Als sie als Jugendliche ihre lesbische Neigung entdeckt habe, habe sie unter einer "brutalen Einsamkeit" gelitten, weil niemand für sie Ansprechpartner gewesen sei. An einen Einfluss auf die sexuelle Orientierung durch die Schule glaubt Pohl nicht: "Kein Bildungsplan würde mich heterosexuell machen."