Türkische Gemeinde fordert doppelte Staatsbürgerschaft

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt
Türkische Gemeinde fordert doppelte Staatsbürgerschaft
Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Koalitionsparteien appelliert, Einbürgerungen nach Deutschland spürbar zu erleichtern.

Dazu gehöre die Einführung der Mehrstaatigkeit "ohne Wenn und Aber", sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, am Montag in Berlin. Dies würde einer Entideologisierung der Integrationsdebatte helfen.

Zugleich warnte Kolat vor einem "faulen Kompromiss" in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD. "Es geht um die Zukunft unseres Landes." Bei der Frage der Anerkennung von fremden Staatsangehörigkeiten könne es keine halben Sachen geben.

Die Türkische Gemeinde plädiert dafür, den Bundestag darüber entscheiden zu lassen. Dann könne die SPD-Fraktion einen entsprechenden Antrag zur Erleichterung der Einbürgerung "unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit" einbringen, der von Grünen und Linke unterstützt werden kann, so Kolat.

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Der Migrationsexperte Klaus Bade sprach sich dagegen aus, das Thema aus den Koalitionsverhandlungen herauszunehmen. Es gebe keine Legitimation dafür, dass es deutsche Staatsbürger erster Klasse gibt, die mehrere Pässe besitzen dürfen, und Bürger zweiter Klasse, denen dies verwehrt werde. Sollte die SPD sich in dieser Frage gegenüber CDU/CSU nicht durchsetzen, müsse es Neuwahlen geben, so der langjährige Vorsitzende des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration.

Mehrheit entschied sich für deutsche Staatsbürgerschaft

Seit der Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 können Ausländer aus Nicht-EU-Staaten grundsätzlich nur dann eingebürgert werden, wenn sie den Pass ihres Heimatlandes aufgeben. Seitdem müssen sich auch in Deutschland geborene Kinder von Migranten zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der ihrer Eltern entscheiden. Diese sogenannte Optionspflicht gilt für alle ab 1990 geborenen Kinder von Zugewanderten.

Sie werden zu einer Entscheidung aufgefordert, sobald sie volljährig sind. Mit der Entscheidung können sie sich aber bis zum 23. Geburtstag Zeit lassen. Entscheiden sie sich bewusst nicht, geht der deutsche Pass automatisch verloren. In diesem Jahr werden die ersten "optionspflichtigen" jungen Erwachsenen 23 Jahre. Nach Zahlen des Bundesinnenministeriums sind es insgesamt 3.410.

Von ihnen haben sich demnach fast 3.000 bereits 2012 entschieden - und zwar in deutlicher Mehrheit für die deutsche Staatsbürgerschaft (99 Prozent). 486 Erklärungen fehlten Ende 2012 noch. Wie sie sich entschieden haben, wird erst mit der 2014 vorliegenden Statistik aus den Ländern bekannt.