"Mission 2.0": Gerechtigkeit statt Unterdrückung

Bischof Geevarghese Mor Coorilos
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Bischof Geevarghese Mor Coorilos von der syrisch-orthodoxen Kirche in Indien ist Vorsitzender der Kommission für Weltmission und Evangelisation beim Weltkirchenrat. Er warnt: Nicht dem "Gott des Mammons" dienen.
"Mission 2.0": Gerechtigkeit statt Unterdrückung
Weltkirchenrat stellt in Südkorea Mission für das 21. Jahrhundert vor
"Mission" bedeutet im 21. Jahrhundert nicht mehr, dass nordwestliche Kirchen dem Süden und Osten den christlichen Glauben nahebringen wollen. Sondern es geht um Austausch auf Augenhöhe im Internet, um gegenseitige Hilfe in Notlagen und vor allem auch um Ökologie und Gerechtigkeit. Die Menschheit könne nicht allein gerettet werden, während die übrige geschaffene Welt untergeht, betont die 10. Vollversammlung des Weltkirchenrates in Busan in ihrer neuen Erklärung zur Mission.

Die Kirchen kämpfen noch immer gegen ein schweres Erbe an: Lange galten ihre Missionare als herzlose Komplizen des Imperialismus. Daher sieht sich der Weltkirchenrat auf seiner 10. Vollversammlung im südkoreanischen Busan genötigt, zum wiederholten Mal ein Schuldbekenntnis abzulegen: "Wir bedauern, dass die mit der Kolonialherrschaft einhergehende Missionsarbeit Kulturen häufig verleumdet und die Weisheit lokaler Bevölkerungen nicht anerkannt hat", heißt es in einer am Montag vorgelegten Grundsatzerklärung.

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Doch diese Form der Mission gehört weitgehend der Vergangenheit an. Der Schwerpunkt der Christenheit hat sich deutlich nach Süden verschoben, viele sprechen mittlerweile vom "Missionsfeld Europa". Der Tagungsort der ÖRK-Vollversammlung in Südkorea ist dafür ein gutes Beispiel: Seit dem 19. Jahrhundert hatten westliche Missionare die biblische Botschaft in dem ostasiatischen Land verbreitet. Heute sendet Südkorea mehr Missionare in die Welt als kaum ein anderes Land, nur die USA stellen mehr.

Mission im Web 2.0

Mit seiner neuen Erklärung zur Mission reagiert der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) auf eine veränderte Welt, betont die Anglikanerin Kirsteen Kim, stellvertretende Vorsitzende der Kommission Weltmission und Evangelisation. Die letzte offizielle Grundsatzerklärung des ÖRK zu Mission und Evangelisation von 1982 war Kim zufolge "etwas überholt". Die "Mission 2.0" stellt die negativen Folgen der Globalisierung, Ungerechtigkeiten im Welthandel sowie die Kluft zwischen Arm und Reich in den Mittelpunkt.

In den vergangenen hundert Jahren wandelte sich die Praxis der christlichen Mission vollständig. So gab es vor allem im 19. Jahrhundert einen konservativen Missionsansatz, der die Verkündigung des Evangeliums an die "Heiden" mit der Ausbreitung der westlichen Kultur verknüpfte. Aktuell versteht sich Mission im Internetzeitalter als internationales Netzwerk von Christen für Christen auf gleicher Augenhöhe. Neben der Verbreitung der christlichen Botschaft geht es in der Weltmission auch um Hilfe bei Notlagen oder um die Vermittlung bei Konflikten.

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Vor allem der Umwelt- und Klimaschutz gewinnt an Bedeutung. Hier werden ganz neue Töne angeschlagen: "Menschliche Gier trägt zur globalen Erwärmung und anderen Formen des Klimawandels bei. Wie sollen wir uns Erlösung vorstellen, wenn dieser Trend anhält und die Erde für immer schwer geschädigt wird?", heißt es in dem ÖRK-Text.

Ökologie und Erlösung gehören zusammen

Die Menschheit könne nicht allein gerettet werden, während die übrige geschaffene Welt untergeht, wird in dem Papier weiter betont: "Ökogerechtigkeit kann nicht von der Erlösung getrennt werden." Die Christen sollen sich mit der Schöpfung spirituell verbinden, denn exzessives Konsumverhalten führe nicht zu grenzenlosem Wachstum, "sondern zu einer grenzenlosen und unbeschränkten Ausbeutung der Ressourcen der Erde".

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Christen sollen daher eine Gegenkultur vorleben: Die "Ökonomie Gottes" beruhe auf Liebe und Gerechtigkeit für alle, erklärt der ÖRK, der mehr als 500 Millionen Christen aus 350 Kirchen repräsentiert.

Das neue Missions-Papier des Weltkirchenrates ruft zugleich zu einer neuen Bewusstseinskultur auf. Angeprangert wird menschliche Habgier. Es dürfe nicht länger sein, dass eine kleine reiche Minderheit auf Kosten einer armen Mehrheit lebt, beklagt der Vorsitzende der Kommission für Weltmission und Evangelisation, Bischof Geevarghese Mor Coorilos von der Syrischen Orthodoxen Kirche in Indien. Der Metropolit des indischen Niranam warnt zugleich vor einem "Gott des Mammons", der den Menschen durch Geld in seinen Bann zieht und ihn dazu verführt, das Geld zu vergötzen. Mission heute soll daher das Teilen und soziale Gerechtigkeit ins Zentrum stellen.