GEKE: Kirchen brauchen Erneuerung

GEKE: Kirchen brauchen Erneuerung
Angesichts des Abbruchs in der christlichen Glaubensüberlieferung hält die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) Reformen für eine Daueraufgabe der Kirchen. Europa sei heute derjenige Kontinent, auf dem sich Religionslosigkeit zu einem Massenphänomen entwickelt habe, sagte der Münsteraner Theologieprofessor Michael Beintker am Freitag auf der Vollversammlung des konfessionellen Dachverbandes in Florenz.

"Wir stehen ratlos vor einer Entwicklung, von der fast alle großen Kirchen in Europa betroffen sind, keineswegs nur die Protestanten", ergänzte Beintker.

Europa werde in vielen Regionen zu einem Missionsgebiet, in den Gemeinden würden die personellen und finanziellen Spielräume enger, bilanziert das Präsidium der GEKE in seinem der Vollversammlung präsentierten Bericht. "Die Kirchen brauchen Erneuerung, wenn sie den sich im 21. Jahrhundert stellenden Aufgaben gewachsen sein wollen", hält die Bilanz fest.

Große Stunde der Glaubenssurrogate

Der Verlust des Glaubens bleibe für die Betroffenen nicht folgenlos. "Das ist die große Stunde der Glaubenssurrogate: der Ideologien und Weltanschauungen mit ihren Heilsversprechen oder Orientierungsangeboten, des Körperkults und des Lifestyle-Designs, der Tourismusbranchen und der Freizeitindustrien und nicht zuletzt der Esoterik", sagte Beintker.

Um diesen Menschen Wege in die Geborgenheit zu zeigen, seien von den Kirchen echte Veränderungen in Organisation, Gemeindestrukturen und Praxis gefragt, empfahl der Theologieprofessor. Diese Reformen bedürften aber theologische und geistliche Orientierung, um ein Eigenleben des Organisatorischen zu verhindern.

Bei der Vollversammlung ist ein Austausch unter den Mitgliedskirchen über laufende Reformprozesse vorgesehen. In einem Forum "Kirchen Europas im Aufbruch" sollen Beispiele von Erneuerungsvorhaben aus sechs Kirchen vorgestellt werden.

Keine Reformationsfolklore

Ein zentrales Arbeitsfeld für die nächsten Jahre sieht der Dachverband von Europas Protestanten darin, dem Reformationsjubiläum 2017 eine europäische Dimension zu verschaffen, wie sich aus dem Präsidiumsbericht ergibt. "Dabei kann es nicht um Reformationsnostalgie oder -folklore gehen, auch nicht um protestantische Selbstprofilierung auf Kosten anderer", heißt es dort. Neben Martin Luther (1483-1546), der mit dem Thesenanschlag 1517 in Wittenberg die Reformation ausgelöst hat, gelte es auch Erneuerungsbestrebungen in anderen Städten und Regionen Europas in den Blick zu nehmen.

Generalsekretär Olav Fykse Tveit vom Weltkirchenrat rief dazu auf, den 500. Jahrestag der Reformation zu einem "globalen ökumenischen Ereignis" und einem "demütigen und freudigen Fest" zu machen. Der norwegische Theologe zeigte sich besorgt über die aktuelle europäische Krise. Es tauchten wieder alte Feindbilder auf, die das Klima vergifteten, sowie die europäische Integration untergraben könnten, warnte Tveit.

In dem Dachverband sind lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus mehr als 30 europäischen Ländern sowie einige südamerikanische Auswandererkirchen zusammengeschlossen. Die Vereinigung vertritt rund 50 Millionen Protestanten, davon rund 24 Millionen evangelische Christen in Deutschland.