Filmkritik der Woche: "White House Down"

Foto: dpa/Sony Pictures
Filmkritik der Woche: "White House Down"
Präsident in Gefahr: In "Independence Day" hat Roland Emmerich schon einmal das Weiße Haus zerlegt. In seinem neuesten Actionfilm "White House Down" wird der US-Präsident nun von Terroristen bedroht.
04.09.2013
epd
Martin Schwickert

In dieser Kinosaison laufen in Hollywood gleich zwei Blockbuster vom Band, in denen mit dem Weißen Haus das wichtigste Symbol amerikanischer Macht unter Beschuss gerät. Vor wenigen Monaten ließ Antoine Fuqua in "Olympus Has Fallen" die Pennsylvania Avenue Nr. 1600 von einem Terrorkommando nordkoreanischer Herkunft erstürmen und spülte damit in den USA rund 99 Millionen Dollar und im Ausland weitere 62 Millionen Dollar in die Kinokassen.

Jetzt eröffnet Roland Emmerich in "White House Down" noch einmal das Feuer auf den Amtssitz des Präsidenten und konnte mit 71,5 Millionen Dollar an den US-Kinokassen bisher nur die Hälfte seiner Produktionskosten einspielen. Wer zu spät kommt, den bestraft die Marktwirtschaft, auch wenn "White House Down" sicherlich die weitaus interessantere Zerstörungsfantasie darstellt.

Während Fuquas Action-Spektakel die tagesaktuellen Feindbilder bediente und im Finale patriotische Beschwörungsformeln einfachster Bauart verschoss, wächst in "White House Down" die Gefahr für Leib und Leben des US-Präsidenten direkt aus der amerikanischen Gesellschaft heraus. Die Terroristen, die den Regierungssitz erstürmen und belagern, wurden im rechtsradikalen Spektrum rekrutiert, und die Auftraggeber kommen aus dem militärisch-industriellen Komplex. Präsident Sawyer (Jamie Foxx) verfolgt nämlich einen radikalen Friedensplan im Nahen Osten, der den Abzug aller US-Truppen aus der Region vorsieht.

Jamie Foxx baut seine Figur sehr dicht an den amtierenden Präsidenten heran. Der einnehmende Charme gehört hier genauso zum Rüstzeug wie Basketballschuhe und Nikotinkaugummis. In politischer Hinsicht ist dieser Sawyer allerdings eher ein Obama, wie ihn sich Liberale erträumen würden. Im Kino wird ihm die Chance zu einem Heldentum gegeben, die ihm in der Realpolitik verwehrt bleibt. Dem Staatsmann zur Seite gestellt ist mit dem Polizisten Cale (Channing Tatum) ein kampferprobter Praktiker. Dennoch muss Mr. President im Eifer des Gefechtes auch selbst einmal zum Raketenwerfer greifen, um die Verfolger abzuschütteln.

Ein echter Emmerich

In solchen Momenten erinnert der Film eher an Buddymovies wie "Lethal Weapon", und überhaupt sollte man trotz aller tagesaktuellen Verweise "White House Down" nicht als Politthriller missverstehen. Dieser Film ist immer noch durch und durch ein echter Emmerich, auch wenn der US-Schwabe hier einmal nicht die ganze Welt untergehen lässt, sondern sich mit der Zerstörung der US-Machtzentrale zufriedengibt.

In "Independence Day" hat er den Präsidentensitz schon einmal in Schutt und Asche gelegt, worauf ein Touristenführer zu Beginn des Filmes bei einer Führung durchs Weiße Haus hinweist. Auch was die Ironiefähigkeit angeht, grenzt sich Emmerichs Film deutlich von dem vollkommen humorlosen "Olympus Has Fallen" ab. Als geradliniger Actionfilm für ein liberal gestimmtes Publikum hätte "White House Down" sicherlich auch in den USA eine breitere Zielgruppe erreicht, wenn ihm die Konkurrenz nicht zuvorgekommen wäre.

USA 2013. Regie: Roland Emmerich. Buch: James Vanderbilt. Länge 131 Minuten. Mit: Channing Tatum, Jamie Foxx, Maggie Gyllenhaal, James Woods. FSK: 12, feiertagsfrei.