Altenhilfe rechnet mit steigenden Pflegekosten

Foto: epd/Werner Krüper
Altenhilfe rechnet mit steigenden Pflegekosten
Die Zahl der hilfsbedürftigen Älteren steigt. Doch es fehlt an Fachkräften, Geld und Möglichkeiten, die gebrechlichen Menschen am Alltagsleben teilhaben zu lassen. Ein Expertengremium fordert nun "ein grundsätzliches Umdenken" in der Pflegepolitik.

Das Kuratorium Deutsche Altershilfe rechnet mit deutlich steigenden Kosten für die Versorgung und Pflege hilfsbedürftiger Älterer. Trotz verschiedener politischer Reformprozesse sei auf die demografischen Herausforderungen bisher nicht ausreichend eingegangen worden, sagte der Vorstandsvorsitzende des Kuratoriums, Jürgen Gohde, am Montag in Berlin. Gohde äußerte sich bei der Vorstellung eines gemeinsamen mit einer Arbeitsgruppe der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellten Positionspapieres.

###mehr-artikel###Dem Vorsitzenden der Altenhilfe zufolge wird eine Erhöhung der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte nicht ausbleiben. Zudem seien Investitionen in Infrastrukturprojekte wie "Betreutes Wohnen" notwendig. Genaue Angaben über die Höhe der Investitionen wollte Gohde allerdings nicht machen. Der Finanzrahmen richte sich auch nach den Bedürfnissen der Bundesländer, sagte der Kuratoriumsvorsitzende.

Gohde forderte ein "grundsätzliches Umdenken" in der Pflegepolitik. "Pflege darf nicht mehr länger auf die Leistungen der Pflegeversicherung reduziert werden", sagte er. Ohne diesen Strukturwandel würden die Kosten nochmals steigen. "Es ist fünf vor zwölf."

"Bezahlbar und organisierbar"

Während das Expertengremium keine Zahlen nennen will, wird die Deutsche Stiftung Patientenschutz konkret. Nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Eugen Brysch, werden in den kommenden zehn Jahren 100.000 Fachkräfte und rund sechs Milliarden Euro benötigt. Es fehle nicht an Ideen für neue Konzepte, sagte Brysch. "Pflege muss bezahlbar und organisierbar sein."

Das Expertengremium von Altenhilfe und Ebert-Stiftung sprach sich vor allem für eine schnelle Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs aus. Demnach wird es künftig ein neues System geben, wie und in welchem Umfang Leistungen bewilligt werden. "Das heutige Minuten-Diktat entfällt", sagte Gohde. Der neue Begriff biete die Chance, die Pflege neu zu gestalten und die Selbstständigkeit der Älteren zu fördern. Die Experten empfehlen einen "Hilfemix" aus Betreuung in Pflegeeinrichtungen, Nachbarschaftshilfen und Assistenzmodellen.

###mehr-links###Ein solches teilhabeorientiertes Konzept erfordere auch einen Paradigmenwechsel beim Personal, sagte Gohde. Dem Papier zufolge plädieren die Experten für verbesserte Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte und eine Bezahlung nach Tariflohn. "Pflege und Assistenz darf kein prekärer Beschäftigungssektor sein", heißt es in dem Bericht.

Kritik an Bundesregierung

Kritik übte Gohde am Bericht des Pflegebeirats der Bundesregierung. Empfehlungen für altengerechtes Wohnen oder Konzepte, die Infrastruktur den Älteren anzupassen, fehlten in dem Bericht. Dabei liege "die Zukunft der Pflege im Quartier", unterstrich Gohde. 

Das Positionspapier ist das Ergebnis einer vor einem Jahr ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe. 25 Pflegeexperten aus Wissenschaft und Politik, von Wohlfahrts- und Trägerverbänden, Gewerkschaften oder Pflegeeinrichtungen nahmen an ihr teil. Ziel war es, ein neues Pflegekonzept zu erarbeiten, das die Erhaltung der Selbstständigkeit und Gesundheit Älterer sowie einen möglichst langen Verbleib der Pflegebedürftigen zu Hause ermöglicht.