Kirche und DGB fordern besseren Schutz für Werkarbeiter aus Osteuropa

Kirche und DGB fordern besseren Schutz für Werkarbeiter aus Osteuropa
In Papenburg starben vor 14 Tagen zwei rumänische Werft-Arbeiter bei einem Brand in ihrer Unterkunft. Seitdem reißt die Kritik an Lebens- und Arbeitsbedingungen ausländischer Werkvertragsarbeiter in Deutschland nicht ab.

Nach dem Tod zweier rumänischer Werkvertragsarbeiter in Papenburg haben Kirchen und Gewerkschaften einen besseren Schutz für Zuwanderer aus Süd- und Osteuropa gefordert, die in Deutschland arbeiten. Im "Souterrain des deutschen Arbeitsmarktes" hätten sich unhaltbare Zustände ausgebreitet, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, dem Nachrichtenmagazin "Focus" (München). DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte in der "Berliner Zeitung", viele Migranten würden in "menschenunwürdige Beschäftigung abgedrängt".

Der Umgang der Wirtschaft mit Arbeitern aus Osteuropa widerspreche den Grundsätzen der katholischen Soziallehre, sagte Zollitsch. Das System der Werkverträge, über das viele Wanderarbeiter für Billiglöhne angeheuert würden, sei "vielfach pervertiert worden". Wer gegen die Zustände aufbegehre, habe in der Kirche eine verlässliche Verbündete, sagte der Freiburger Erzbischof: "Die Marktwirtschaft wird nur stark bleiben, wenn die Bevölkerung das Gefühl hat, dass es fair zugeht - auch gegenüber jenen, die nur zeitweilig hier leben und arbeiten."

"Gut organisierte Lohndrückerei"

Die beiden Rumänen, die über einen Werkvertrag bei der Meyer-Werft im niedersächsischen Papenburg gearbeitet hatten, waren bei einem Brand in ihrer Unterkunft ums Leben gekommen. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück leitete inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Menschenhandels ein. Bei einer kirchlichen Diskussionsveranstaltung am Freitagabend forderten Lokalpolitiker und Gewerkschaftsvertreter scharfe Kontrollen der Massenunterkünfte.

Zuwanderer aus süd- und osteuropäischen Ländern würden oft mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt, sie verschuldeten sich häufig, um Fahrt und Arbeitsplatz bei Schleppern bezahlen zu können, sagte Buntenbach der "Berliner Zeitung" (Samstagsausgabe). "Das bewegt sich oft an der Grenze zu Menschenhandel." Ausgebeutet würden besonders Zuwanderer, die über Werkverträge, grenzüberschreitende Leiharbeit oder als Scheinselbstständige ins Land geholt würden.

"Was wir hier erleben, ist gut organisierte Lohndrückerei", sagte die DGB-Spitzenvertreterin. Werkverträge würden immer öfter missbraucht, um Löhne systematisch zu drücken. Oft arbeiteten die Menschen für drei oder vier Euro pro Stunde, viele seien nicht krankenversichert. Bundesbach forderte die Bundesregierung auf, dem "Lohn- und Sozialdumping" mit einem gesetzlichen Mindestlohn, der auch für Zuwanderer gilt, einen Riegel vorschieben.

Werft baut größte Kreuzfahrtschiffe der Welt

Bei der Veranstaltung in der evangelischen Erlöserkirche in Papenburg räumte Bürgermeister Jan Peter Bechtluft (CDU) ein, dass es in der Stadt viele einfache Wohnhäuser gebe, in denen bis zu 40 osteuropäische Arbeiter auf engstem Raum zusammenlebten: "Wer mit offenen Augen durch die Stadt fährt, kann das nicht übersehen."

Versäumnisse sieht der Bürgermeister vor allem beim Subunternehmer, der seinen Werkvertragsarbeitern die Unterkünfte zur Verfügung stelle. Rein rechtlich seien es normale Wohnungen, in die die Behörden nicht ohne weiteres hinein dürften. Bechtluft forderte gesetzliche Vorgaben, in denen Mindeststandards für Wohnunterkünfte geregelt werden. Dann könnten die Behörden handeln.

Auch Evelyn Gerdes von der Gewerkschaft IG Metall Küste forderte neue Gesetze zum Schutz der ausländischen Arbeiter. Als ersten Schritt kündigte sie Tarifverhandlungen mit der Meyer-Werft an. Wichtig seien mehr Rechte für die Betriebsräte, damit diese die Vereinbarungen besser kontrollieren können.

Von der Werftleitung war kein Vertreter zu der Veranstaltung gekommen. Der Papenburger Stadtrat Nikolaus Schütte zur Wick (Grüne) berichtete, die beiden Toten seien auf Kosten des Arbeitsgebers in ihre Heimat überführt worden. Eine Familie habe einmalig 2.000 Euro erhalten.

Auf der Werft sind neben den 3.100 Stammbeschäftigten auch rund 1.500 Werkarbeiter bei Subunternehmen unter Vertrag. Sie leben in zum Teil völlig überbelegten Massenunterkünften. Die Meyer-Werft verpflichtete sich Anfang der Woche mit einer Sozialcharta zu gerechten Arbeitsbedingungen und dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro für alle auf der Werft arbeitenden Menschen. Auf der Werft werden die größten Kreuzfahrtschiffe der Welt gebaut.