Prozess gegen Pfarrer König muss neu aufgerollt werden

Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König am 2. Juli im Landgericht Dresden
Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka
Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König am 2. Juli im Landgericht Dresden, wo der Prozess gegen ihn ausgesetzt wurde.
Prozess gegen Pfarrer König muss neu aufgerollt werden
Der Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König ist vorerst geplatzt. Doch der Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs bleibt. Die Verteidigung wirft der Polizei die Fälschung von Beweismaterial vor und fordert die Einstellung des Verfahrens.

Der Prozess wegen Landfriedensbruchs gegen den evangelischen Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König muss neu aufgerollt werden. Das entschied das Amtsgericht Dresden am Dienstag nach einem Antrag der Verteidigung. Grund dafür sind etwa 160 Stunden unsortiertes Videomaterial der Polizei, das Verteidigung und Staatsanwaltschaft bisher noch nicht vorgelegen hatte. Das zusätzliche Material entlaste den Angeklagten, argumentierte die Verteidigung, und müsse daraufhin zum Prozess zugelassen werden.

Zuvor lag den Verfahrensbeteiligten nur ein von den Beamten gefertigter Zusammenschnitt mit Auszügen aus dem Videomaterial vor. Verteidiger Johannes Eisenberg warf den Polizisten vor, dieses Material gefälscht zu haben. "Das Material ist durch Schnitte regelrecht verfälscht und auf den Angeklagten focussiert [sic] worden", heißt es in dem Antrag, den das Solidaritätsblog für Lothar König veröffentlichte.

Dem evangelischen Theologen König wird schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Er hatte zusammen mit Jugendlichen aus Jena am 19. Februar 2011 in Dresden an Protesten gegen Neonazis teilgenommen und soll dabei zu Gewalt aufgerufen haben. König bestreitet die Vorwürfe. Die Hauptverhandlung hatte am 4. April begonnen.

Das gesamte Videomaterial muss ausgewertet werden

Die Verteidigung hatte am Dienstag zur Sichtung des umfangreichen Materials einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt. Nach rund zweistündiger Beratung gab das Gericht dem Antrag statt. Nachdem bei einer Erstsichtung der sogenannten Arbeitsdatei entlastendes Material gefunden wurde, könnten weitere die Anklage entkräftende Details nicht ausgeschlossen werden, begründete der Vorsitzende Richter Ulrich Stein die Entscheidung.

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Daher komme man nicht umhin, die gesamte Datei "mit nicht unerheblichem Umfang" auszuwerten. Dafür reichten jedoch drei Wochen, der höchste zulässige Zeitraum für die Unterbrechung eines Prozesses, nicht aus. Stein gab eine "gänzliche Aussetzung" der Hauptverhandlung von vier bis sechs Monaten bekannt. Damit ist offen, ob der Prozess noch in diesem Jahr neu aufgerollt wird. Im Fall einer Verurteilung vor dem Dresdner Amtsgericht drohen König bis zu vier Jahre Haft.

Auch Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer befürwortete die Aussetzung des Verfahrens. Es sei nicht auszuschließen, dass die Videos weiteres entlastendes Material enthalten, sagte sie. Bisher habe für sie aber "keine Veranlassung bestanden", das gesamte Material zu sichten.

Verteidiger sehen keine Chance mehr auf ein faires Verfahren

König-Verteidigerin Lea Voigt kündigte einen Antrag auf Einstellung des Prozesses an. Ein faires Verfahren könne es nach den Erfahrungen der bisherigen Verhandlungstage nicht mehr geben, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wenn derart manipuliert werde, gebe sie dem Prozess keine Chance.

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König zeigte sich in einer ersten Reaktion erleichtert. Er sei froh, dass es gelungen sei, die "Schludrigkeiten" erst einmal zu beenden.

Der Personaldezernent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Michael Lehmann, sagte dem epd, dass es dem Gericht bisher nicht gelungen sei, die Anklage der Staatsanwaltschaft angemessen zu bewerten. Für ihn sitze König weiter auf der Anklagebank. Das sei ein für den Angeklagten belastender Vorgang. König stoße zwar auch weiter in Jena Projekte für Jugendliche an. Doch "sein Dienst bleibt in der Schwebe".