Weltflüchtlingstag: Menschenrechtler lehnen "Abschottung der Grenzen" ab

Weltflüchtlingstag: Menschenrechtler lehnen "Abschottung der Grenzen" ab
Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni fordern Menschenrechtler die EU-Staaten auf, mehr Flüchtlingen Schutz zu gewähren.

In Europa werde gerne vergessen, dass derzeit 80 Prozent der Flüchtlinge von Entwicklungsländern aufgenommen werden, sagte die Asylexpertin Franziska Vilmar von Amnesty International am Dienstag in Berlin. Die Organisation Pro Asyl sprach sich für ein europäisches Sofort-Aufnahmeprogramm für syrische Flüchtlinge aus.

Auch Amnesty-Expertin Vilmar verwies auf die aktuell rund 1,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien, die vor allem von den Nachbarländern Jordanien, Libanon und Türkei aufgenommen wurden. "Dass Griechenland nach wie vor Boote mit syrischen Flüchtlingen in türkische Gewässer zurückdrängt, ist ein Skandal", sagte die Expertin.

Kirchenpräsident Jung: "Europa muss mehr tun"

Pro Asyl erklärte, die Europäische Union investiere statt in den Flüchtlingsschutz lieber in die "Abschottung der Grenzen". Statt gemeinsam zu handeln, wälzten die EU-Regierungen die Verantwortung für die Flüchtlinge an einige EU-Randstaaten ab. Dort komme es zu Menschenrechtsverletzungen. In Deutschland werde Syrern sogar der Nachzug von erwachsenen Kindern oder Eltern nicht gestattet. Diese restriktive Praxis müsse beendet werden, forderte die Hilfsorganisation.

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Auch der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung verlangte mehr Hilfe für die Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien. "Europa muss angesichts einer der größten Flüchtlingstragödien der letzten Jahrzehnte mehr tun als bisher und eine größere Zahl syrischer Flüchtlinge aufnehmen", sagte Jung, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland ist.

Die von Bund und Ländern beschlossene Aufnahme von 5.000 besonders Schutzbedürftigen sei ein wichtiger Schritt, erklärte der Theologe. Daneben solle aber der Familiennachzug zu den rund 40.000 in Deutschland lebenden Syrern ermöglicht werden.

Journalisten ohne Internetanschluss

Die deutsche Sektion von "Reporter ohne Grenzen" machte auf die schwierige Situation von geflüchteten Journalisten und Bloggern in Deutschland aufmerksam. Für Journalisten aus Kriegsländern und Diktaturen sei die Flucht oft der letzte Ausweg, sagte der Referent für Nothilfe und Flüchtlingsarbeit, Jens-Uwe Thomas. In der Regel gebe es für sie ebenso wenig wie für andere Flüchtlinge ein geordnetes Aufnahmeverfahren. Stattdessen müssten sie auf eigene Faust ihren Weg in die EU oder nach Deutschland suchen, um Asyl zu beantragen.

Hier angekommen, erwarte sie zumeist ein langwieriges Aufnahmeverfahren. "Sie leben dann isoliert in einem Flüchtlingsheim meistens ohne Internetanschluss. Sie wollen arbeiten, können aber nicht", sagte Thomas. Dazu komme, dass sie in der Regel nicht ohne Erlaubnis das jeweilige Bundesland verlassen dürfen. Dabei würden relativ viele von ihnen später als Asylsuchende anerkannt.

Nach Angaben von Thomas hat "Reporter ohne Grenzen" seit Jahresbeginn insgesamt 31 Anfragen von geflüchteten Journalisten und Bloggern in Notsituationen erhalten. Allein sechs Gesuche nach Unterstützung kamen von Journalisten aus dem Iran. Andere kamen von Medienschaffenden aus Afghanistan, Syrien oder Bahrain, die in Deutschland Asyl suchen.