Freikirchen wehren sich gegen Pfeiffer-Studie zu Gewalt

Freikirchen wehren sich gegen Pfeiffer-Studie zu Gewalt
In freikirchlichen Familien erleiden Kinder nach Untersuchungen des Kriminologen Christian Pfeiffer mehr Gewalt als in anderen Familien. Die Freikirchen wehren sich gegen den Vorwurf. Besonders kritisieren sie, dass die Studie alle freikirchlichen Gruppen in einen Topf werfe.

Je stärker christlich-fundamentalistische Eltern in ihrem Glauben verankert seien, desto mehr prügelten sie, sagte Pfeiffer am Dienstag beim Deutsche Präventionstag in Bielefeld. Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen in Wustermark widersprach den Aussagen. Gewaltfreie Erziehung sei Konsens in den Mitgliedskirchen.

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Der hannoversche Kriminologe Christian Pfeiffer erklärte, dass bundesweit die Fälle von Misshandlungen und Missbrauch von Kindern in Deutschland stark rückläufig sei. Der Anteil der Kinder, die ohne Gewalt aufwuchsen, habe sich im Verlauf von knapp 20 Jahren von 26 auf 52 Prozent verdoppelt. Die Jugendgewalt habe sich seit 2007 um 22 Prozent verringert.

Grundlage der Befunde sind Befragungen des von Pfeiffer geführten Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in den Jahren 2008 bis 2011 unter 23.500 deutschen Jugendlichen aus Nicht-Akademikerfamilien, die einer christlichen Gemeinde angehören. Bei sehr religiösen freikirchlichen Eltern erlebten demnach 26 Prozent der befragten Jugendlichen schwere Gewalt. In katholischen und evangelischen Elternhäusern sei es genau umgekehrt: "Je religiöser sie sind, desto seltener üben sie Gewalt aus."

Anweisungen für Prügelstrafen

Pfeiffer verwies auf Erziehungsratgeber aus den USA, die in evangelikalen Familien populär seien und in denen Eltern detaillierte Anweisungen für Prügelstrafen gegeben würden. In Deutschland seien diese Bücher aus der Feder von fundamentalistischen US-Theologen inzwischen von der Bundeszentrale für jugendgefährdende Schriften verboten worden.

Für die Vereinigung Evangelischer Freikirchen sagte Präsident Ansgar Hörsting, die von Pfeiffer genannten Beispiele für gewaltsame Erziehung "sind uns zutiefst fremd". In Freikirchen gebe es zahlreiche Projekte, die sich für das Kindeswohl sowie gegen Gewalt und Missbrauch von Kindern richteten. Hörsting betonte, die freikirchliche Landschaft in Deutschland sei "viel zu heterogen, als dass man alle Freikirchen über einen Kamm scheren“ könne.

Der Beauftragte der Vereinigung am Sitz der Bundesregierung, Peter Jörgensen, betonte das Interesse der Freikirchen an differenzierten Ergebnissen: "Uns ist eine differenzierte Forschung vor allem deshalb so wichtig, weil diese dazu beitragen würde, tatsächlich an den richtigen Stellen Maßnahmen zu ergreifen, um Kinder vor Übergriffen zu schützen."

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Der Deutsche Präventionstag sprach sich für eine Überprüfung der Opferschutzgesetze aus. Damit sollen die Bedürfnisse der Betroffenen stärker in den Blick genommen werden, heißt es in einer zum Abschluss am Dienstag in Bielefeld veröffentlichten Erklärung. Außerdem solle untersucht werden, welche Belastungen die Strafverfahren für die Opfer bedeuten.

Rund 3.000 Teilnehmer besuchten nach Angaben der Veranstalter die zweitägige Veranstaltung. Unter dem Titel "Mehr Prävention - weniger Opfer" befasste sich der Deutsche Präventionstag schwerpunktmäßig mit Kriminalitätsvorbeugung.