Dieter Moor: "Wir sind ein Teil dieser Welt"

Foto: rbb/Kobalt Productions
TV-Moderator und Biobauer Dieter Moor hat in der rbb-Sendung "Bauer sucht Kultur" beide Teile seines Lebens verbunden. Den Menschen hält er nicht für die Krone der Schöpfung.
Dieter Moor: "Wir sind ein Teil dieser Welt"
Von den Steinzeitmenschen über die alten Römer und das Mittelalter bis in die Jetztzeit: Rund 70.000 Jahre umfasst die zweiteilige Mammut-Dokumentation "Die Geschichte des Menschen", die Vox am 1.2. und 2.2. um 20.15 Uhr zeigt. Die in Zusammenarbeit mit der britischen BBC und der Produktionsfirma dctp entstandene knapp achtstündige Dokumentation bringt dem Zuschauer die wichtigsten Stationen der Menschheitsgeschichte in dramatischen Szenen nahe.

Herr Moor, ist der Mensch die Krone der Schöpfung?

Dieter Moor: Absolut nicht. Sie kennen ja den alten Witz, wo zwei Planeten sich begegnen, und der eine fragt: "Wie geht’s dir?", und der andere antwortet: "Schlecht, ich hab Menschen." Worauf ihn der eine wiederum tröstet: "Ach, das geht vorbei." Je älter ich werde, desto mehr glaube ich, dass wir ein vorübergehendes Phänomen sind. Warum Mutter Natur, die ja eigentlich perfekt funktioniert, dieses Wesen geschaffen hat, erschließt sich mir nicht wirklich.

###mehr-personen###

Klingt pessimistisch. Dabei hat die große Dokumentation über die Geschichte des Menschen, die Sie jetzt bei Vox präsentieren, ja durchaus einen optimistischen Grundton...

Moor: Stimmt, und das hängt damit zusammen, dass sie den Menschen als Teil der Natur begreift und nicht den Gegensatz zwischen Mensch und Umwelt aufmacht, wie das häufig geschieht. Wir sind ein Teil dieser Welt, das ist meiner Ansicht nach eine ganz wichtige Erkenntnis, und das wird mir auch in meinem anderen Leben als Landwirt immer klarer. 

In der Dokumentation geht es um die vergangenen 70.000 Jahre des Menschen. Glauben Sie, dass der Menschheit noch weitere 70.000 Jahre beschieden sind?

Moor: Schwierige Frage, aber wenn ich mir die Entwicklung gerade der vergangenen Jahre anschaue, dann bin ich da sehr skeptisch. Man könnte schon zu der Ansicht kommen, dass die Menschheit vielleicht noch 50 Jahre hat und mehr nicht. Wenn ich mich dann aber mit der gesamten Geschichte der Menschheit beschäftige wie in dieser Dokumentation, dann sehe ich, dass es immer wieder mal Punkte gab, wo es eigentlich nicht weitergehen konnte – und wo es trotzdem irgendwie weitergegangen ist.

"Im Grunde sind alle Epochen spannend"

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Moor: Der Erfindungsreichtum des Menschen. Wir haben schreckliche Dinge wie die Atombombe erfunden, aber eben auch gute Dinge wie die Demokratie. Diese andere Seite des Menschen gab es, gibt es, und darauf setze ich meine Hoffnung. 

In der insgesamt achtstündigen Doku werden die verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte angerissen. Welches Kapitel ist für Sie persönlich das spannendste?

Moor: Im Grunde sind alle Epochen spannend, und das nicht zuletzt, weil sie aufeinander aufbauen. Ich persönlich interessiere mich vielleicht am meisten für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte: Wie kam es zur französischen Revolution, zum Kalten Krieg – alles hochinteressante Themen. Aber es ist natürlich auch da ganz hilfreich, wenn man weiß, was vorher war. Das 20. Jahrhundert ist vielleicht die Zeit, die mich am meisten fasziniert.

###mehr-artikel###

Deutschland hat in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine unselige Rolle gespielt. Sind Sie froh, dass Sie als Schweizer nichts mit dieser furchtbaren Vergangenheit zu tun haben?

Moor: Ganz im Gegenteil, ich habe ja sogar vor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Ich möchte unter anderem Deutscher werden, weil mir gefällt, wie dieses Land mit der ungeheuren Last seiner Vergangenheit umgeht, wie es versucht, diese Fakten aufzuarbeiten. In der Schule in der Schweiz haben sie uns dagegen immer beigebracht, dass die Schweizer stets die Guten waren – später habe ich dann herausgefunden, dass vieles an dem Geschichtsbild, das einem da vermittelt wurde, nicht stimmt.  

Wann genau werden Sie denn Deutscher?

Moor: Weiß ich noch nicht genau, aber mein Ziel ist es schon, die Staatsbürgerschaft in nächstmöglicher Zukunft zu beantragen – und hoffentlich auch zu bekommen. Dann kann ich hier auch wählen gehen und ganz anders mitreden. 

Haben Sie dann beide Staatsbürgerschaften?

Moor: Das wäre gut, es gilt ja angeblich auch der Grundsatz: einmal Schweizer, immer Schweizer. Aber wenn ich die Schweizer Staatsbürgerschaft abgeben müsste, dann würde ich sie abgeben.

"Man läuft nicht Gefahr, sich als Fernsehfuzzi so wichtig zu nehmen"

Sie bewirtschaften gemeinsam mit Ihrer Frau einen Bauernhof in Brandenburg. Wie bekommen Sie das mit Ihrem Fernsehjob unter einen Hut?

Moor: In der Hinsicht fühle ich mich außerordentlich privilegiert, das klappt ganz wunderbar. Wenn ich im Stall stehe und den Kühen Heu gebe und mir dann denke: In zwei Stunden bist du wieder fürs Fernsehen unterwegs, dann freut mich das einfach. Beide Lebensbereiche relativieren den jeweils anderen: Man ist kein reines Landei, läuft aber auch nicht Gefahr, sich als Fernsehfuzzi so wahnsinnig wichtig zu nehmen.

Wie würde die Entscheidung ausfallen, wenn Sie zwischen Fernsehen und Bauernhof wählen müssten?

Moor: Das ist eine Entscheidung, die ich gar nicht treffen muss, weil sich das sowieso von ganz allein entwickelt: Mit fortschreitendem Alter wird das Mediengeschäft automatisch zurückgehen, während mich der Bauernhof gar nicht feuern kann, weil er meiner Frau und mir gehört (lacht). Dass ich also irgendwann nur noch Bauer sein werde, wird sich von selbst ergeben.