Presserat: Beschwerden über Amoklauf-Berichterstattung

Presserat: Beschwerden über Amoklauf-Berichterstattung
Zur Berichterstattung über den Amoklauf an einer Schule im US-Bundesstaat Connecticut sind beim Deutschen Presserat bereits mehr als ein Dutzend Beschwerden eingegangen. Grund hierfür seien zum größten Teil Mutmaßungen über die Tätermotive und den Tathintergrund, sagte der Geschäftsführer des Selbstkontrollorgans, Lutz Tillmanns, der "Berliner Zeitung" (Freitagsausgabe).

Bei dem Massaker an der Sandy-Hook-Schule in Newtown kamen am 14. Dezember 26 Menschen ums Leben, darunter 20 Kinder.

Nach dem Amoklauf in Winnenden bei Stuttgart im Jahr 2009 habe der Presserat Kriterien für die Berichterstattung bei Amokläufen festgelegt. "Mein Eindruck ist, dass sich viele Redaktionen jetzt nach Newtown daran erinnert haben", sagte Tillmanns. Demnach sollte vermieden werden, mögliche Nachahmungstäter zu bestärken, indem auf eine "heroisierende Darstellung" verzichtet wird. Der Opferschutz müsse unbedingt im Vordergrund stehen, so Tillmanns.

Die Rolle des Presserates wird nach Auffassung seines Geschäftsführers zunehmend zu der eines Ratgebers für Redaktionen, "der proaktiv und präventiv wirkt". Dies betreffe etwa Fragen des Datenschutzes und des Trennungsgebotes von Werbung und redaktionellen Inhalten. "Weniger Selbstkontrolle, mehr Selbstregulierung, das sollte das Ziel sein", betonte Tillmanns.

Bislang 1.420 Beschwerden in 2012

Bislang seien in diesem Jahr beim Presserat 1.420 Beschwerden eingegangen. Knapp 200 Beschwerden betrafen das "Titanic"-Titelblatt mit dem besudelten Papst. Dafür sei das Satireblatt auch wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Papstes gerügt worden. "Nicht wegen Verletzung religiöser Gefühle", sagte Tillmanns.

Die häufigsten Beschwerden beträfen die Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht, etwa durch unzureichende Recherche, verfälschende Zitate oder unbelegte Tatsachenbehauptungen. Pro Jahr stellt der Presserat etwa 300 Verstöße gegen den Pressekodex fest, die unterschiedlich geahndet werden. "Das geht von einem Hinweis an die Redaktion, dass eine Berichterstattung nicht korrekt war über eine Missbilligung bis hin zur öffentlichen Rüge", sagte Tillmanns. Dabei setze der Presserat darauf, "dass die Reputation einer Zeitung leidet, wenn ihr Fehler in der Berichterstattung nachgewiesen werden".