Staatsrechtler kritisiert Organspende-Regelung

Staatsrechtler kritisiert Organspende-Regelung
Der Kölner Verfassungsrechtler Wolfram Höfling sieht sich durch die jüngsten Berichte über die intransparente Vergabe von Organspenden in seiner Kritik an der jetzigen Regelung bestätigt. "Bei der gesetzlichen Regelung der Organspende ist auf eine wirksame Kontrolle weitgehend verzichtet worden", sagte er der "Berliner Zeitung" (Mittwochsausgabe). Auf jeden Skandal hätten die betroffenen Mediziner und die Politik aber immer nur mit Abwehr reagiert.

Höfling, der auch Mitglied im Ethikrat ist, hält das ganze System für fundamental falsch. Es könne nicht sein, dass sich Ärzte selbst kontrollieren. Deshalb sei es eine große Unverfrorenheit, wenn nach den Skandalen in Göttingen und Regensburg ausgerechnet die Bundesärztekammer noch mehr Kontrollrechte für sich einfordere.

Höfling sieht ein grundsätzliches Problem: "Es ist eine große Selbsttäuschung so zu tun, als ob es bei der Frage, nach welchen Kriterien Organe vergeben werden, nur um medizinische Fragen geht. Es geht auch darum, wie wir mit knappen Ressourcen umgehen. Das sind Gerechtigkeitsfragen und damit Entscheidungen, die der Gesetzgeber treffen muss, nicht die Ärzte." Die Transplantationsmedizin sieht er als Kern der Debatte um Verteilungsgerechtigkeit in der Medizin, die noch bevorstehe.

Zuvor war bekannt geworden, dass eine steigende Zahl von Spenderorganen an der offiziellen Warteliste vorbei vergeben wird. Aus einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Frage des Grünen-Abgeordneten Harald Terpe geht hervor, dass in diesem Jahr jedes vierte Herz über das beschleunigte Verfahren vermittelt wurde. Auch Lungen, Nieren, Lebern und Bauchspeicheldrüsen werden häufiger direkt von den Transplantationszentren vermittelt.

Das beschleunigte Verfahren der Organvermittlung soll verhindern, dass schwer vermittelbare Spenderorgane verloren gehen. Dazu gehören Organe von älteren Menschen oder solchen mit Vorerkrankungen. Das Verfahren ist erlaubt, wenn der Kreislauf des Spenders instabil wird, aus organisatorischen Gründen ein Organverlust droht oder eine bestimmte Anzahl von Zentren die Annahme der Spende abgelehnt hat, etwa weil das Organ nicht zum dortigen Spender passt. Das Verfahren gilt aber als anfällig für Manipulationen. In Deutschland warten rund 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan.