Betreuungsgeld: Ton in der Koalition wird schärfer

Betreuungsgeld: Ton in der Koalition wird schärfer
Der Streit um das Betreuungsgeld scheint kein Ende zu nehmen. Innerhalb der Koalition wird der Ton immer schärfer. Auch beim schleppenden Kita-Ausbau werfen Bund und Ländern gegenseitige Vorwürfe hin und her.

Der Streit um das Betreuungsgeld scheint immer mehr zur Bestandsprobe für die Regierungskoalition zu werden. CSU-Chef Horst Seehofer drohte nun mit einem Scheitern der Koalition, sollte das Betreuungsgeld nicht in der geplanten Form verabschiedet werden. Die FDP nennt das "groben Unfug" und auch innerhalb der Unionsfraktion sieht Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) Änderungswünsche an dem Gesetz.

Seehofer sagte der "Bild am Sonntag" wenn das Betreuungsgeld scheitere, "wie soll dann noch gemeinsames Handeln bei anderen Projekten möglich sein?" Eine Koalition könne nur mit Vertrauen bestehen und dies bestehe nur, wenn Vereinbarungen auch eingehalten würden. Auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) verteidigte ihren Entwurf für das Betreuungsgeld. "Was wir beschlossen haben, muss umgesetzt werden", sagte sie der "Welt am Sonntag" und berief sich auf die Absprache im Koalitionsausschuss.

Lammert für Änderungen

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wies die Forderungen der CSU zurück, das Betreuungsgeld ohne Abstriche umzusetzen. "Und mein Eindruck aus der letzten Fraktionssitzung von CDU und CSU ist, dass eine Mehrheit der Fraktionsmitglieder Änderungen des eingebrachten Betreuungsgeld-Gesetzentwurfs nicht nur für möglich hält, sondern sie geradezu erwartet", sagte Lammert dem "Tagesspiegel am Sonntag".

FDP-Fraktionsvize Martin Lindner kritisierte, Seehofer stilisiere das Betreuungsgeld "zu einer Glaubensfrage" hoch. Er forderte die Parteichefs der Regierungskoalition auf, die Sommerpause zu nutzen, um einen vernünftigen Kompromiss zum Betreuungsgeld zu finden", sagte Lindner der "Welt" (Samstagsausgabe). Mit seinem Ultimatum betreibe Seehofer "groben Unfug".

Die Opposition kritisiert das Betreuungsgeld weiterhin scharf. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte das Vorhaben völlig absurd und kündigte eventuelle Verfassungsklagen an. Das Geld solle in die Kinderbetreuung gesteckt werden, sagte Gabriel der "Passauer Neuen Presse". Ab August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für ihre Kinder unter drei Jahren. Nach Angaben des Familienministeriums fehlen derzeit noch 160.000 Plätze, um den geschätzten Bedarf zu decken.

Schröders Ultimatum an die Länder

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat deshalb nun den Bundesländern ein Ultimatum zum Ausbau von Kita-Plätzen gestellt. "Ich habe jetzt die Familienminister der Bundesländer angeschrieben und ihnen eine Frist gesetzt", sagte Schröder der "Welt am Sonntag". Länder, die bis zum 30. September nicht mindestens 90 Prozent der Bundesmittel verbindlich beantragt hätten, müssten "Geld, das für sie vorgesehen war, an andere Bundesländer abgeben". So hätten Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bremen zusammen noch fast 150 Millionen Euro Bundesgelder nicht beantragt. "Es wäre unverantwortlich und unsolidarisch, die Mittel verfallen oder ungenutzt liegenzulassen", sagte die Ministerin.

NRW-Familienministerin Ute Schäfer halt die Kritik von Schröder für haltlos. NRW habe bereits alle Bundesmittel verteilt, sagte Schäfer der "Welt" (Montag). Es möge sein, dass im Bundesministerium noch Gelder auf Listen stünden. "Aber auch die Bundsfamilienministerin weiß hoffentlich genau, dass Gelder erst dann verausgabt werden, wenn Rechnungen auf dem Tisch liegen", sagte Schäfer. Das Ultimatum sei ein großer Bluff, um vom Betreuungsgeldchaos abzulenken. Auch Bayern, Baden-Württemberg und Hessen kritisierten Schröders Ultimatum.