Hallelujah! Die besten Gospelfilme der vergangenen 20 Jahre

Whoopi Goldberg in "Sister Act"
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Whoopi Goldberg in "Sister Act"
Hallelujah! Die besten Gospelfilme der vergangenen 20 Jahre
"Sister Act" ist der bekannteste, aber längst nicht der einzige Kinofilm, der Gospel zum Thema macht. Die epd-Film-Redaktion empfiehlt sechs Produktionen mit dem Groove des Herrn.
31.05.2012
Sabine Horst, Jasmin Maxwell und Rudolf Worschech

The Gospel

Der junge Sänger David, ein Hip-Hop-Star mit dem Hit "Let Me Undress You", ist auf Tour. Als er hört, dass sich der Gesundheitszustand seines Vaters Fred verschlechtert, kehrt er in seinen Heimatort zurück. Vor vielen Jahren war David im Streit mit seinem Vater, einem Gemeindepastor, von zu Hause weggegangen.

Nun muss David feststellen, dass die ehemals so starke Gemeinde am Boden liegt. Und noch schlimmer: Frank, sein Rivale aus Jugendtagen, hat hier das Ruder übernommen – mit der Losung: "A new church, a new man, a new vision!" Doch Ernestine, die Sekretärin seines Vaters, ist sich sicher, dass David der richtige Mann für den Posten ist…

Regisseur Rob Hardy hat die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn in die afro-amerikanische Gemeindeszene verlegt. Doch es ist nicht allein die Auseinandersetzung mit dem Vater, die David umtreibt; er ist ein Mensch, der an einem Scheideweg steht, der Entscheidungen in Sachen Familie, Karriere und Beziehungen treffen muss. Die amerikanische Kritik lobte an dem Film (der bei uns nie ins Kino kam, sondern nur auf DVD erschien) vor allem den Soundtrack mit Gospelgrößen wie Yolanda Adams, Fred Hammond, Martha Munizzi oder Tamyra Grey.

The Gospel, USA 2005. R, B: Rob Hardy. Mit: Boris Kojoe, Idris Elba, Nona Gaye, Clifton Powell, Aloma Wright, Omar Gooding. L: 105 Min.

 


 

Oh Happy Day

Dänemark ist nicht gerade für Gospelmusik bekannt. Auch der Kirchenchor von Hannah (Lotte Andersen) dümpelt eher vor sich hin, bis sogar der Dirigent aufgibt, um zum Kopenhagener Knabenchor zu wechseln. Für Hannah sind die Chorproben dennoch der einzige Lichtblick in ihrem langweiligen Leben in der dänischen Provinz. Als der Gospelsänger Moses Jackson (Malik Yoba) aus Harlem, New York, in Hannahs Dorf strandet, mischt er nicht nur den Kirchenchor ordentlich auf, sondern bringt auch frischen Wind in ihr Leben.

"Oh Happy Day" balanciert zwischen Beziehungsdrama und leichtfüßiger Komödie voll liebevoll gezeichneter skurriler Figuren. Regisseurin Hella Joof erzählt die Geschichte von Hannahs Selbstbefreiung aus dem Alltagstrott mit viel Wärme. Für Situationskomik sorgt auch der Zusammenprall der Kulturen zwischen dem amerikanischen Gospelsänger und den dänischen Kleinstädtern. Der Soundtrack stammt übrigens vom 80er-Jahre-Popstar Rick Astley ("Never Gonna Give You Up").

Oh Happy Day, Dänemark 2004, R: Hella Joof. B: Jannik Johansen, Lotte Andersen, Hella Joof. Mit: Lotte Andersen, Malik Yoba, Ditte Gråbøl, Kurt Ravn, Søren Fauli, Lars Hjortshøj. L: 92 Min, FSK: o. Al., ff.

 


 

The Fighting Temptations

Auftritte eines Popstars können einen Film leicht sprengen. Das ist hier nicht so: "The Fighting Temptations" liefert eine schöne Ensembleleistung mit Beyoncé Knowles – in ihrer ersten großen Kinorolle – als sympathischem Zentrum. Die Geschichte kreist um einen gerade gefeuerten, ziemlich verschuldeten New Yorker Werbefachmann, dem seine Tante 150.000 Dollar vermacht hat.

Das Erbe wird allerdings nur unter einer Bedingung ausgezahlt: Darrin (Cuba Gooding Jr.) soll in seiner Heimatstadt, einem gewissen Monte Carlo – nicht das, sondern ein Nest in Georgia -, den Gospelchor coachen und im jährlichen "Gospel Explosion"-Wettbewerb platzieren. Die einzige Hoffnung der mäßig begabten Formation ist die aufregende, stimmgewaltige junge Sängerin Lilly – Darrins Jugendliebe.

Das hört sich ein bisschen an wie die Story des schlechten Baseballteams in "Die Bären sind los", aber tatsächlich ist "The Fighting Tempations" ein energischer, gutgelaunter Musikfilm mit skurrilen Nebencharakteren und viel Alltagskomik. Das leidenschaftliche Team, zu dem neben Beyoncé weitere schwarze Musikerinnen wie Faith Evans und Melba Moore gehören, zeigt nebenbei auch, wie sich das Genre Gospel inzwischen weiterentwickelt hat: Da steckt ziemlich viel Hip-Hop drin.

The Fighting Temptations, USA 2003, R: Jonathan Lynn, B: Elizabeth Hunter, Saladin K. Patterson. Mit: Beyoncé Knowles, Cuba Gooding Jr., Faith Evans, Melba Moore, Shirley Caesar. 123 Min. FSK: o.Al.

 


 

Rendezvous mit einem Engel

Henry Biggs ist Pastor in einer kleinen Gemeinde in New Jersey. Einer kleinen, verschneiten Gemeinde. Einer kleinen, verschneiten, finanzschwachen Gemeinde. Die Baptistenkirche St. Matthews ist dringend renovierungsbedürftig, und ein Immobilienhai hat ein Auge auf das Viertel geworfen.

Auch sonst läuft es nicht so toll. Für seine schöne Frau Julia, die Seele des Gospelchors, hat Henry wenig Zeit, der Sohn macht sich Sorgen um einen Freund, der in die Fürsorge soll – und jetzt, vor Weihnachten, logiert auch noch die übergriffige Schwiegermutter bei den Biggses.

Glücklicherweise kriegt Gott mit, dass da was schief läuft und schickt einen Engel namens Dudley vorbei. Der macht auch einen guten Job, löst die Finanzkrise und stärkt Henry im Glauben. Das Problem ist nur: Zwischen Julia und dem sensiblen Dudley scheint sich etwas anzubahnen.

"Rendezvous mit einem Engel" ist das rührende Remake eines nicht weniger rührenden Weihnachtsklassikers aus den 40er Jahren – jetzt aber mit einem komplett schwarzen Ensemble, darunter Denzel Washington als Dudley und Whitney Houston als Julia. Die kürzlich verstorbene Sängerin darf ihr Talent hier so umfassend ausspielen, dass der Film glatt als Musical durchgehen könnte. Wenn der Engel sich schließlich verabschiedet, und Julia mit ihrer Gemeinde "I Love the Lord" singt, hilft nur noch: ganz viel Kleenex.

Rendezvous mit einem Engel (The Preacher's Wife), USA 1996, R: Penny Marshall, B: Robert E. Sherwood u.a. (nach einem Roman von Robert Nathan). Mit: Denzel Washington, Whitney Houston, Courtney B. Vance, Gregory Hines. 124 Min. FSK: o.Al.

 


 

Sister Act

Der Klassiker unter den Gospelfilmen: Whoopi Goldberg spielt die Nachtclubsängerin Deloris van Cartier, die Zeugin eines Mordes wird und sich vor den Gangstern in einem Kloster verstecken muss. Als Schwester Mary Clarence mischt sie den altbackenen Nonnenchor ordentlich auf. Aus Hymnen wie "Salve Regina" werden fetzige Gospel-Versionen und aus dem Popsong "My Guy" kurzerhand ein Kirchenlied: "Nothing you could say could tear me away from my god". Doch nicht nur die strenge Oberin (Maggie Smith) macht Deloris das Leben schwer. Bald kommen die Killer der falschen Nonne auf die Schliche.

Ein Gute-Laune-Film mit viel Humor – urkomisch etwa Deloris' Tischgebet am ersten Tag im Kloster: "Und wenn ich auch wandere im finsteren Tal, wo nichts zu essen wächst, so fürchte ich keinen Hunger" – liebenswerten und durchaus schlagkräftigen Nonnen und mitreißender Musik. 1993 folgte eine Fortsetzung, in der Deloris versucht, eine Schulklasse voll gelangweilter Teenager für Musik zu begeistern – diesmal geben die Nonnen nicht nur Gospel, sondern auch Hip-Hop-Lieder zum Besten.

Sister Act – Eine himmlische Komödie, USA 1992, R: Emile Ardolino. B: Joseph Howard. Mit: Whoopi Goldberg, Maggie Smith, Kathy Najimy, Wendy Makkena, Mary Wickes. L: 100 Min. FSK: o. Al., ff.

 


 

Der Schein-Heilige

Steve Martin in einem Gospelfilm? Normalerweise verkörpert der Komiker aus L.A. ja Männer, die lustvoll ihre Neurosen pflegen, und zu denen eher ein jazzig-schräger Soundtrack passen würde. Aber in "Der Schein-Heilige" spielt er Reverend Jonas Nightengale, ein Evangelist und Wanderprediger, der mit einem riesigen Tross über Land zieht.

Zu seiner Entourage gehört auch ein Chor, die "Angels of Mercy". Mit ihm bietet der Reverend seinem Publikum die perfekte Bühnenshow, mit viel Musik, Ekstase und jenen "Miracles and Wonders", die als Aufschrift auf den Trucks prangen und nach denen sich die herumgereichten Klingelbeutel schnell mit Dollarscheinen füllen.

Denn 3.500 Dollar muss der Reverend täglich erwirtschaften – sonst schreibt er rote Zahlen. Und als er mit Motorschaden in dem kleinen Ort Rustwater (hohe Arbeitslosigkeit!) liegenbleibt, muss sich Nightingale einiges einfallen lassen. "Der Schein-Heilige" hat seine besten Momente dann, wenn er zeigt, mit welch minutiös ausgetüfteltem Räderwerk sich das religiöse Entertainment abspult, wenn er demonstriert, mit welchen Tricks die Wunder gemacht werden. Zu einer wirklich bissigen Satire kann sich der Film dann aber leider doch nicht aufschwingen.

Der Schein-Heilige (Leap Of Faith), USA 1992. R: Richard Pearce. B: James Cercone. Mit: Steve Martin, Debra Winger, Lolita Davidovich, Liam Neeson, Lukas Haas, Meat Loaf. L: 108. Min.