Evangelikale beschweren sich über "Wort zum Sonntag"

dpa/ARD/Christian Behrens
Wolfgang Beck, Pfarrer und "Wort zum Sonntag"-Sprecher
Evangelikale beschweren sich über "Wort zum Sonntag"
Gegen die Gleichsetzung von Piusbrüdern, evangelikalen Gruppierungen und Salafisten in der ARD-Sendung "Wort zum Sonntag" am vergangenen Samstag hat die Deutsche Evangelische Allianz eine offizielle Programmbeschwerde eingereicht.

In dem Beitrag werde so getan, als ob es "eine objektiv nicht vorhandene Gemeinsamkeit" geben würde, schrieb Generalsekretär Hartmut Steeb am Montag an den Intendanten des Norddeutschen Rundfunks (NDR), Lutz Marmor. Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener, rügte den Vergleich zwischen Salafisten und evangelikalen Gruppen als stillos und demagogisch.

Der katholische Pfarrer und Hochschulseelsorger Wolfgang Beck hatte in der Sendung gesagt, im religiösen Bereich hätten Gruppen Zulauf, die sich durch große Eindeutigkeit und Konsequenz auszeichneten. Kompromisse würden bei diesen Gruppen als Schwäche angesehen. "Egal, ob Piusbrüder, ob evangelikale Gruppierungen oder muslimische Salafisten, denen wir in diesen Wochen in den Fußgängerzonen begegnen können: Sie alle haben mehr gemeinsam, als ihnen wahrscheinlich lieb ist: Vor allem dieses Bemühen um größtmögliche Eindeutigkeit. Alle Kraft wird da hinein gesetzt, dass das Leben völlig übereinstimmt mit dem, was gepredigt wird", sagte der katholische Geistliche aus Hannover.

Katholischer Sprecher

Beck gehört seit Oktober 2011 zu dem Team von acht evangelischen und katholischen Sprechern, die abwechselnd am Samstagabend das "Wort zum Sonntag" sprechen. Der promovierte Theologe wurde 1974 in Hildesheim geboren und 2002 zum Priester geweiht. Seit 2005 ist er Seelsorger an der Hochschulgemeinde in Hannover sowie seit 2008 zusätzlich Pfarrer in Hannover-Linden.

Der EKD-Medienbeauftragte Bräuer sagte dem epd, Christen evangelikaler Prägung seien dafür bekannt, ihren Glauben und ihr Leben in besonderer Treue am Evangelium auszurichten. Anders als etwa die Salafisten ließen sie keinen Zweifel daran, dass jeder Mensch unabhängig von Glauben, Geschlecht und Herkunft mit der gleichen Würde von Gott beschenkt sei. Für Evangelikale stehe zudem außer Frage, dass die Demokratie die Gesellschaftsform sei, in der sich Menschenrechte und Glaubensfreiheit am besten bewährten. Diese Unterschiede habe der "Wort zum Sonntag"-Sprecher nicht deutlich gemacht, äußerte Bräuer.

Steeb kritisierte: Auch wenn Beck besonders das "Bemühen um größtmögliche Eindeutigkeit" hervorgehoben habe, so unterstelle doch die Formulierung "vor allem", dass es mehr Vergleichbarkeiten gebe als nur eine konsequente Haltung. "Nach den für den NDR geltenden journalistisch-ethischen Grundsätzen dürfte es sicherlich nicht zulässig sein, alleine wegen dem 'tun, was man sagt' freiheitsliebende und freiheitszerstörende Menschen, Verfassungsfreunde und Verfassungsfeinde, miteinander in einem Atemzug zu nennen", schreibt Steeb.

"Wir stehen zur Verfassung"

In der Beschwerde hebt die theologisch konservative Evangelische Allianz die Unvergleichbarkeit der Gruppierungen hervor: "Während für die Salafisten zu Recht die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ansteht, stehen wir als sogenannte evangelikale Gruppierung ohne Wenn und Aber zu unserer Verfassung und den sie tragenden Werten, wie zum Beispiel der Freiheit der Religionsausübung."

Nach Ausstrahlung des "Wort zum Sonntag" hatte sich Diener an den Sprecher gewandt und seine Kritik vorgetragen. Die Gleichsetzung sei inhaltlich nicht gerechtfertigt und zudem demagogisch, weil sie in der Gesellschaft nachvollziehbare Ängste vor islamischem Extremismus auf Christen unter anderem in der Deutschen Evangelischen Allianz übertrage. Diener forderte den "Wort zum Sonntag"-Sprecher auf, sich "von dieser vollkommen unangebrachten Gleichsetzung öffentlich zu distanzieren".