Nairobi (epd). Die Gewalt gegen Frauen im Krieg im Sudan ist laut der Aktivistin Hala Al Karib allgegenwärtig und geplant. Alle Hilfsinitiativen, mit denen sie zusammenarbeite, seien geschockt über das Ausmaß, sagte die Sudanesin, die das Frauennetzwerk „Strategische Initiative für Frauen am Horn von Afrika“ (Siha) leitet, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Sexuelle Gewalt ist weit verbreitet und passiert wiederholt, absichtlich und ganz gezielt.“
Bei der Mehrheit der Fälle, die ihre Organisation dokumentiert hat, kämen die Täter aus den Reihen der paramilitärischen RSF-Miliz, die sich seit 2023 in einem Krieg um Macht und Kontrolle über Ressourcen gegen die sudanesische Armee befindet, sagte Al Karib. Dieser Machtkampf hat eine der schlimmsten Hunger- und Vertreibungskrisen der Welt verursacht, mit 30 Millionen Menschen, die Hilfe brauchen und rund zwölf Millionen Menschen auf der Flucht.
Aktivistin: Dokumentation ist schwierig, aber nötig
Immer mehr Hilferufe erreichten sie, ihre und andere Organisationen, sagte die Aktivistin. Neben der Unterstützung für die Frauen konzentriert sich Siha darauf, die sexuelle Gewalt zu dokumentieren. Das sei wichtig, um die Hoffnung auf Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten. In einem jüngst veröffentlichten Bericht hat das Netzwerk vollständige Daten zu mehr als 1.200 Fällen von 2023 bis 2025 zusammengetragen, drei Viertel davon Vergewaltigungen. Das sei nur ein Einblick in die schreckliche Situation, sagte Al Karib. Das tatsächliche Ausmaß sei viel gewaltiger.
„Der Prozess der Dokumentation der Gewalt ist schmerzhaft”, sagt Al Karib. Überlebende durchlebten das Erlebte erneut. Viele Opfer wollen deswegen lieber nicht darüber reden. Und wenn sie sprechen, sei es kompliziert, alle Details zu erfassen und im Anschluss zu verifizieren. Aber: “Ohne Dokumentation ist es unmöglich, Druck auf die Täter auszuüben."
Frauen auf der Flucht besonders gefährdet
Frauen haben eine zentrale Rolle während der sudanesischen Revolution gespielt, erinnert sich Al Karib. Sie waren Teil der Organisationsteams für die Proteste, die zum Sturz von Langzeitherrscher Omar Al-Bashir geführt haben. Seit Beginn des Krieges seien hunderte Frauen täglich Angriffen ausgesetzt. Sexuelle Gewalt sei Teil einer "umfassenderen Kampagne des Terrors, der ethnischen Verfolgung und der militarisierten geschlechtsspezifischen Gewalt”. Besonders schwierig ist die Lage für Frauen auf der Flucht, so Al Karib.
Siha unterstützt lokale Organisationen bei der Hilfe. Das Gesundheitssystem sei weitgehend zerstört, die Frauen können sich Al Karib zufolge nach einer Vergewaltigung nirgendwo hinwenden. Deshalb plädiert die Aktivistin dafür, dass kleine, flexible Hilfsfonds geschaffen werden, um lokale Strukturen direkt zu unterstützen. Denn die würden bei der Verteilung von Geldern oft übergangen.


