Friedensbeauftragter : "Die Welt, wie wir sie kannten, endet"

Friedensbeauftragter : "Die Welt, wie wir sie kannten, endet"
Bischof Kramer warnt vor dem Scheitern eines Ukraine-Friedens
Der evangelische Friedensbeauftragte Kramer warnt vor verheerenden Folgen für Europa, falls es nicht gelingt, den Ukraine-Krieg zu beenden.
27.12.2025
epd
epd-Gespräch: Matthias Thüsing

Erfurt (epd). Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine birgt nach Ansicht des mitteldeutschen Landesbischofs Friedrich Kramer das Potenzial für einen neuen Dreißigjährigen Krieg. Gelinge es nicht, ihn zu beenden, werd das verheerende Folgen für Europa haben, sagte Kramer dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Krieg dauere bereits zu lange an und könne für Europa „in ein finanzielles Desaster und ein wirtschaftliches Ausbluten führen“.

Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verwies darauf, dass sich das Sicherheitsempfinden in Europa grundlegend verändert habe. „Die Welt, wie wir sie kannten, endet. Es wird anders“, sagte er. Gewalt und Krisen hätten weltweit deutlich zugenommen.

Vereinte Nationen als Friedensordnung

Trotz dieser Entwicklungen hält Kramer an der internationalen Ordnung fest. „Wir haben einen Ordnungsrahmen in den Vereinten Nationen mit einer pazifistischen Weltordnung“, sagte er. Die dort festgelegten Prinzipien seien richtig: „Konflikte sollen friedlich gelöst, Menschenrechte geachtet werden.“ Daran müsse unbedingt festgehalten werden. Er setze auf diese Ordnung und habe „großes Vertrauen darauf, dass wir all diese Brutalität und Gewalt auch wieder eindämmen können“.

Krieg sei kein unabänderliches Schicksal. „Was entstehen kann, kann auch wieder aufhören“, sagte Kramer. Auch wenn unklar sei, wie und wann Verhandlungen im Ukraine-Krieg zu Ergebnissen führen, bleibe die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt.

Mit Blick auf religiöse Konflikte weltweit wandte sich Kramer entschieden gegen jede Rechtfertigung von Gewalt im Namen des Glaubens. Taten wie jüngst in Australien seien gottlos, sagte er. Dabei hatten zwei islamistische Attentäter 15 Menschen bei einem Chanukka-Fest getötet. Antisemitismus agiere nicht im Namen einer bestimmten Religion, sondern sei „in seiner modernen Form ein eher rassistisches Konstrukt“, das jedoch religiöse Wurzeln habe, betonte Kramer.

Verantwortung der Christen

Zugleich warnte er vor den fortwirkenden historischen Belastungen zwischen den Religionen. „Die jahrtausendealten böswilligen Verdächtigungen, Gerüchte und Fake News zwischen den Religionen als Wurzeln sind immer noch da und jederzeit abrufbar“, sagte Kramer. Das müsse zu größerer Achtsamkeit im öffentlichen Reden führen.

Christen trügen in dieser Situation eine besondere Verantwortung. Jesus fordere „an sehr vielen Stellen der Schrift zur Gewaltlosigkeit auf“, sagte Kramer. Diese Haltung müsse immer wieder neu geprüft und verteidigt werden. Als Christen sei es Pflicht, sich dafür einzusetzen, „dass die Gewalt endet“. Kramer betonte: „Ich habe großes Vertrauen darauf, dass Krieg verlernbar ist.“