Gedenken an Magdeburger Anschlagsopfer gestartet

Gedenken an Magdeburger Anschlagsopfer gestartet
Die Weihnachtsmarktanschläge 2016 und 2024 haben tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis hinterlassen. Nach dem Gedenken in Berlin richtete sich der Blick am Samstag auf Magdeburg. Zum ersten Jahrestag des Anschlags dort wurde Kanzler Merz erwartet.
20.12.2025
epd
Von Thomas Nawrath und Jens Büttner (epd)

Magdeburg (epd). Mit einem ökumenischen Gottesdienst sind am Samstag die Gedenkfeierlichkeiten für die Opfer des Magdeburger Weihnachtsmarktanschlags vor einem Jahr gestartet. Der Bischof des katholischen Bistums Magdeburg, Gerhard Feige, erinnerte in seiner Predigt in der Johanniskirche - unweit des Anschlagsortes - an Gesten der Nächstenliebe trotz des Grauens des Anschlags. Mit ihrer schnellen Hilfe hätten vor einem Jahr Menschen ohne Unterscheidung der Personen Schranken durchbrochen.

Am 20. Dezember 2024 war ein in Sachsen-Anhalt lebender Arzt aus Saudi-Arabien mit dem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Sechs Menschen wurden getötet, Hunderte Personen verletzt. Der mutmaßliche Täter steht seit Mitte November vor Gericht.

Weihnachten nicht nehmen lassen

In dem Gottesdienst berichteten ein Notfallseelsorger und ein Unfallchirurg von ihren Erlebnissen am Abend des 20. Dezember 2024. Eine Betroffene des Anschlags sprach zu den mehreren Hundert Besucherinnen und Besuchern und erinnerte an jenen Moment, als aus entspanntem Feiern, vorweihnachtlicher Freude und Kinderlachen schlagartig Chaos und unermessliches Leid für viele wurde: „Die Schreie sind bis heute noch in unseren Köpfen.“ Dennoch blieben der Dank und die Wertschätzung für die erlebte Hilfe, für die vielen Retter, darunter zahllose Freiwillige, die mit angepackt hätten. „Wir lassen uns unser Weihnachten nicht nehmen!“, versicherte die Frau.

In seiner Predigt ging Bischof Feige auf diese von vielen geschilderte Mitmenschlichkeit und Hilfe am Nächsten ein. „Wer ist mein Nächster oder meine Nächste?“, fragte Feige. Vor einem Jahr hätten zahlreiche Menschen in Magdeburg „darauf eine überzeugende Antwort gegeben, haben denen geholfen, die eben noch Fremde waren, ohne abzuwägen und ohne zu sortieren und auszugrenzen.“

Damit hätten sie „die Finsternis nach dieser menschenverachtenden Tat durchbrochen und ein Licht angezündet“, sagte der Bischof. Dennoch gebe es heute auch Lücken, weil geliebte Menschen aus dem Leben gerissen wurden oder noch immer unter den Folgen des Anschlags litten. Feige sagte: „Das Leben ist etwas dunkler geworden“, doch das Licht verlösche nicht.

Auch die Liedauswahl des Gottesdienstes bewegte die Teilnehmenden. So sprachen die Verse von Jochen Klepper „Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein“ vielen Anwesenden aus dem Herzen. Den Segen zum Abschluss des ökumenischen Gottesdienstes sprach der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer.

Glocken läuten um 19.02 Uhr

Die Gedenkfeierlichkeiten sollten am Abend fortgesetzt werden. Ab 17.30 Uhr wurden dazu in der Johanniskirche auch Bundeskanzler Friedrich Merz und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (beide CDU) zu einer Gedenkveranstaltung für Betroffene, Angehörige und geladene Gäste erwartet. Ab 18.30 Uhr sollte um den Alten Markt eine Lichterkette gebildet werden, ehe um 19.02 Uhr die Glocken der Stadt für zwei Minuten ein Gedenkgeläut anstimmen. Um diese Uhrzeit hatte der Anschlag am 20. Dezember 2024 stattgefunden.